Die Vermesser des schwindenden Eises
Das Eiskar ist der südlichste Gletscher Österreichs – und dank Familie Hohenwarter bestens dokumentiert.
Fällt einem kein Gesprächsthema mehr ein, muss meist das Wetter herhalten. Nicht bei Familie Hohenwarter. Bei den Villachern dreht sich seit jeher alles rund ums Wetter und seine Auswirkungen auf den Eiskargletscher in den Karnischen Alpen. „Das Kalenderjahr hat sich schon in meiner Kindheit nur danach gerichtet, ob das Wetter gut oder schlecht fürs Eiskar ist“, erin- sich der Meteorologe Gerhard Hohenwarter junior. Der 16 Hektar große Gletscher ist nicht nur der südlichste Österreichs, sondern gehört inzwischen schon zur Familie.
„Schuld“daran ist Gerhard Hohenwarter senior, der seit 1992 für den Alpenverein (ÖAV) den Gletscher vermisst. „Ein Grazer Professor hat mir damals erzählt, dass sie das Eiskar nicht mehr vermessen wollen, da der Anstieg zu beschwerlich ist. Er hat mich ge- fragt, ob ich das machen will. Das Vermessen musste er mir aber erst zeigen“, erzählt der 70-Jährige, der im September das 102. Mal auf dem Gletscher war. Obwohl er vor sechs Jahren seinem Sohn Gerhard die Aufgabe offiziell übergeben hat, lässt er kaum einen Besuch aus. Immer im Rucksack: das Buch der Bücher, in dem alle Ergebnisse fein säuberlich notiert werden. „Beim ersten Mal 1992 hatte ich nur lose Zettel mit, die mir in eine Gletscherspalte genert fallen sind“, erinnert sich der Senior. Seither wird akribisch Buch geführt. Für den ÖAV reicht eine Längenmessung pro Jahr. Doch nicht dem VaterSohn-Gespann: Die Hohenwarters nehmen vier Mal im Jahr den mühsamen Anstieg Richtung Kellerwand auf sich, um in 2300 Metern unter anderem Länge, Schneehöhe oder sogar die Mächtigkeit zu messen.
zeigte der Gletscher starke Zerfallserscheinungen, wenig Schnee ließ ihn schmelzen. Dann kamen die fetten Jahre: Bis 2014 stoppten teils sehr schneereiche Winter den Rückgang, der Gletscher legte sogar ein wenig zu. Seither geht er zurück, wobei er im Gegensatz zu anderen durch seine schattige Lage begünstigt ist. „Er ist ein Musterbeispiel eines lawinengenährten Gletschers“, weiß