Kleine Zeitung Kaernten

Die Vermesser des schwindend­en Eises

Das Eiskar ist der südlichste Gletscher Österreich­s – und dank Familie Hohenwarte­r bestens dokumentie­rt.

- Von Kerstin Oberlechne­r Bis 2007

Fällt einem kein Gesprächst­hema mehr ein, muss meist das Wetter herhalten. Nicht bei Familie Hohenwarte­r. Bei den Villachern dreht sich seit jeher alles rund ums Wetter und seine Auswirkung­en auf den Eiskarglet­scher in den Karnischen Alpen. „Das Kalenderja­hr hat sich schon in meiner Kindheit nur danach gerichtet, ob das Wetter gut oder schlecht fürs Eiskar ist“, erin- sich der Meteorolog­e Gerhard Hohenwarte­r junior. Der 16 Hektar große Gletscher ist nicht nur der südlichste Österreich­s, sondern gehört inzwischen schon zur Familie.

„Schuld“daran ist Gerhard Hohenwarte­r senior, der seit 1992 für den Alpenverei­n (ÖAV) den Gletscher vermisst. „Ein Grazer Professor hat mir damals erzählt, dass sie das Eiskar nicht mehr vermessen wollen, da der Anstieg zu beschwerli­ch ist. Er hat mich ge- fragt, ob ich das machen will. Das Vermessen musste er mir aber erst zeigen“, erzählt der 70-Jährige, der im September das 102. Mal auf dem Gletscher war. Obwohl er vor sechs Jahren seinem Sohn Gerhard die Aufgabe offiziell übergeben hat, lässt er kaum einen Besuch aus. Immer im Rucksack: das Buch der Bücher, in dem alle Ergebnisse fein säuberlich notiert werden. „Beim ersten Mal 1992 hatte ich nur lose Zettel mit, die mir in eine Gletschers­palte genert fallen sind“, erinnert sich der Senior. Seither wird akribisch Buch geführt. Für den ÖAV reicht eine Längenmess­ung pro Jahr. Doch nicht dem VaterSohn-Gespann: Die Hohenwarte­rs nehmen vier Mal im Jahr den mühsamen Anstieg Richtung Kellerwand auf sich, um in 2300 Metern unter anderem Länge, Schneehöhe oder sogar die Mächtigkei­t zu messen.

zeigte der Gletscher starke Zerfallser­scheinunge­n, wenig Schnee ließ ihn schmelzen. Dann kamen die fetten Jahre: Bis 2014 stoppten teils sehr schneereic­he Winter den Rückgang, der Gletscher legte sogar ein wenig zu. Seither geht er zurück, wobei er im Gegensatz zu anderen durch seine schattige Lage begünstigt ist. „Er ist ein Musterbeis­piel eines lawinengen­ährten Gletschers“, weiß

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PRIVAT/HOHENWARTE­R (5), KLZ/OBERLECHNE­R Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm: Gerhard Hohenwarte­r senior mit seinem Sohn Gerhard Hohenwarte­r

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