„Wir erleben eine Rustikalisierung der Politik“
INTERVIEW. Sieben Kanzler, sechs ÖVP-Chefs, neun ÖFB-Trainer und 20 Jahre maschek: Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel über Politiker, Satire und Österreich.
Seit 20 Jahren stehen Sie auf der Bühne und legen Politikern, Sportlern und anderen Prominenten satirische Sätze in die Münder. Sind die Zeiten für politische Satire gerade super?
PETER HÖRMANSEDER: Es ist eine halbsupere Zeit, weil es sehr schwierig ist, worauf man sich stürzen soll. Es gibt ein Überangebot an Irrsinn.
ULRICH SALAMUN: Grundsätzlich war es wohl nie eine schlechte Zeit für Satire in den letzten 20 Jahren. Die Leute sagen oft: „Jetzt überholt die Satire die Realität.“So stimmt das natürlich nicht. Es gibt immer noch viel zu tun.
ROBERT STACHEL: Wenn man mit der Regierung gar nicht einverstanden ist, ist es für den Satiriker eine nicht unbedingt bessere, aber eine andere Zeit, weil man viel klarer sein kann in der Stoßrichtung der Kritik. Das ist für uns nicht relevant, weil wir immer auf gleicher Distanz zu den politisch handelnden Personen waren.
Kann Sie österreichische Politik noch überraschen?
HÖRMANSEDER: Ja, im Sinne der Eitelkeit wird man immer wieder überrascht. Stichwort: Man lädt Wladimir Putin zu einer Hochzeit ein und denkt sich wenig dabei. Und auch, wie leicht Leute glauben, dass durch ein Amt die Aufmerksamkeit ihnen als Person gilt und nicht dem Amt. Und wie sie sich plötzlich unersetzbar und wichtig vorkommen. In den 20 Jahren haben wir sehr viele Regierungen gesehen, die nach Ende ihres Amtes doch nicht mehr so wichtig waren. Das Amt an sich ist wichtig und überraschend ist, dass die Leute völlig vergessen, dass man demgegenüber vielleicht auch Demut haben muss.
Wen vermissen Sie?
STACHEL: Aktuell merke ich ein bisschen einen Phantomschmerz, was Erwin Pröll angeht. Es gibt Rollen, die macht man stimmlich gerne – wie Faymann oder Kurz –, aber dann gibt es solche, da ist einer schauspielerisch interessant wie Pröll. Dieses nicht anzweifelende, polternde Machtausüben, diese Rolle habe ich immer gern gehabt. SALAMUN: Andreas Khol.
HÖRMANSEDER: Ich vermisse absurderweise manchmal Willi Molterer. Den hat man so herrlich demütigen können, weil er so devot immer nur der Zweite war. Eine lustige Figur, die nach der Funktionsperiode so bedeutungslos wurde, dass man sie nicht mehr einsetzen konnte. Den Heinz Fischer kann man weiterhin einsetzen, weil er noch immer Präsenz hat.
Und gab es Figuren, die Sie totgeschwiegen haben, weil Ihnen gegraut hat?
STACHEL: Genug!
HÖRMANSEDER: Vater Gudenus. Da gab es eine Geschichte: Vater und Sohn im Gespräch, wie sie die, nennen wir es, was es ist, „Auschwitzlüge“verbreitet haben. Da gab es viel Ekel vor dem Versuch, Fakten und Wahrheit umzudeuten. Wir haben uns darüber hinweggeholfen, dass wir ausschließlich mit Zitaten gearbeitet haben. Wir mussten so nicht in diese
Figur hineinschlüpfen. Sie haben das Unglaubliche selbst geliefert.
Was haben Sie in 20 Jahren über Österreich gelernt?
SALAMUN: Alles ist möglich. Was gesagt werden kann und wie die Hemmschwellen gefallen sind.
STACHEL: Ich glaube, die Liebe zur Konsenspolitik wendet sich gerade gegen Österreich. Die Chance nach Schwarz-Blau I war, etwas Neues zu begründen. Ich bin zwar nicht der Meinung, das ist der Untergang der Politik, aber was wir erleben unter Schwarz-Blau II, ist die Rustikalisierung der Politik ... HÖRMANSEDER: ... die Lederhosisierung.
STACHEL: Das Land entert die Stadt. Es ist frappierend, wie viele junge Leute unironisch Tracht tragen, weil sie diese Verschlüsselung nicht mehr verstehen. Wir zwischen 1965 und 1980 Geborenen sind im Grundgedanken des Fortschritts aufgewachsen: technisch, gesellschaftlich, politisch. Es sollte immer besser werden. Jetzt erleben wir einen Rückschritt. Es wird zu einer grotesken Situation kommen, dass wir in noch einmal 20 Jahren alt ausschauen in unserer
Liberalität. Das Illiberale wird sich durchsetzen. Das ist die düstere Prognose. Die Große Koalition ist nicht an allem schuld, aber an sehr vielem.
Arbeitet maschek dagegen an?
HÖRMANSEDER: Es ist die solidarische Grundhaltung, die eine Menschheit ausmacht, die versuchen wir als moralischen Überbegriff immer mit zu erzählen. Wenn man nicht mehr solidarisch ist, ist es das Ende.
Wie lange läuft der ORF-Vertrag?
STACHEL: Bis Ende 2019.
HÖRMANSEDER: Der Vertrag mit dem Publikum ist unbefristet.