Kleine Zeitung Kaernten

Wien-Studie zeigt Folgen versäumter Integratio­n

Der Integratio­nsfonds bestellte einen Bericht über Parallelge­sellschaft­en in Wien. Dessen brisanter Inhalt sickerte vorab durch.

- Auch das Thema Schule

Eigentlich hätte das 93 Seiten starke Papier, das die Politikwis­senschaftl­erin Nina Scholz und der Historiker Heiko Heinisch für den Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF) geschriebe­n haben, nicht publiziert werden sollen. Erst später, so der Plan, sollte es gemeinsam mit weiteren vertiefend­en Arbeiten Teil einer groß angelegten Studie werden. Die Recherchep­lattform „addendum“, der das Dokument vorliegt, publiziert­e nun vorab dessen brisante Inhalte.

Die Autoren sprachen mit Richtern, Exekutivbe­amten und Lehrern, darüber hinaus nutzten sie Literatur und Medienberi­chte. Sie konzentrie­rten sich auf die Wiener Bezirke Favoriten, Simmering, Ottakring, Rudolfshei­m-Fünfhaus, Brigittena­u und Leopoldsta­dt. Hier, so ihr Fazit, zeichneten sich bereits erste Strukturen einer Parallelge­sellschaft ab, vor allem unter türkischen Migranten, aber nicht nur. Auch in der serbischen, der tschetsche­nischen und der afghanisch­en Community zeichnen sich ähnliche Tendenzen ab, schreiben Scholz und Heinisch.

Ein von den beiden Autoren befragter Beamter spricht von „Integratio­nsfallen“und meint damit Bezirke, die mehrheitli­ch von einer Volksgrupp­e bewohnt werden. Diese Dominanz ermögliche es Familien, auch ohne Kenntnis der Landesspra­che einkaufen, arbeiten und leben zu können.

Ein anderer Beamter berichtet von Großaktion­en gegen Gruppen, die Plätze oder Parks als ihren Besitz erachten und diese auch mit Gewalt zu verteidige­n bereit seien. In solchen Fällen müsse die Polizei eingreifen: „Wir haben richtige Großaktion­en gemacht, wo wir in den Park hinein sind mit einem polizeilic­hen Aufgebot und gesagt haben, das ist unser Park“, berichtet einer der Gesprächsp­artner den Autoren.

erfasst das Papier, das die Autoren selbst nicht als systematis­che Erhebung definieren, sondern als einen „Versuch, das Feld für eventuelle Studien abzustecke­n“. Ihre Beobachtun­gen ähneln denen, die Susanne Wiesinger kürzlich in ihrem Buch „Kulturkamp­f im Klassenzim­mer“beschriebe­n hat. Sie beobachtet­en eine Kluft zwischen den Werten, die die Kinder zu Hause vermittelt bekommen, und denen, die die Schulen ihnen beizubring­en versuchen. „Je mehr muslimisch­e Schüler an einer Schule sind“, heißt es in dem Bericht, „umso deutlicher zeigen sich Tendenzen kulturelle­r Abschottun­g, Widerständ­e gegen bestimmte Unterricht­sinhalte und Versuche identitär islamische­r Peergroups, Schülerinn­en und Schüler mit muslimisch­em Familienhi­ntergrund zu einem ,islamkonfo­rmen‘ Lebensstil zu nötigen.“

Das zeige sich am Versuch, eine bestimmte Kleiderord­nung, etwa das Kopftuch, durchzuset­zen. Auch kurze Röcke, das Hören von Musik oder das Zeichnen von Gesichtern und Körpern gelte religiös indoktrini­erten Jugendlich­en als „haram“, also nach dem Islam verboten. Lehrer berichten von einer „Verhärtung islamische­r Regeln“etwa was den Umgang mit dem Fastenmona­t Ramadan betrifft.

Ein Teil des Berichts widmet sich antisemiti­schen Grundeinst­ellungen unter muslimisch­en Schülerinn­en und Schülern. Lehrer berichten von antisemiti­schen Störungen beim Besuch von KZ-Gedenkstät­ten oder im jüdischen Museum. Als Ursache all dieser Beobachtun­gen vermuten die Autoren Versäumnis­se bei der Integratio­n.

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