Kleine Zeitung Kaernten

Am Tag der Einheit sollte Blut fließen

Die deutsche Polizei ging bei einer Razzia gegen geplanten rechtsextr­emen Terror vor. Acht Mitglieder der Gruppe „Revolution Chemnitz“wurden festgenomm­en.

- Von Matthias Reif Im

Weil sich die rechtsradi­kale Gruppierun­g „Revolution Chemnitz“halb automatisc­he Schusswaff­en besorgen wollte, führte die Polizei in den deutschen Bundesländ­ern Sachsen und Bayern gestern eine Großrazzia durch. Rund hundert Beamte – mit Unterstütz­ung mehrerer Mobiler Einsatzkom­mandos – waren dabei im Einsatz und nahmen im Zuge der Aktion sieben Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren fest. Christian K., der mutmaßlich­e Kopf der Gruppe, befindet sich bereits seit zwei Wochen in U-Haft. Allen acht wird die Gründung einer terroristi­schen Vereinigun­g angelastet, einigen dazu schwerer Landfriede­nsbruch. Bei der Durchsuchu­ng mehrerer Wohnungen wurden gestern gefährlich­e Gegenständ­e wie Schlagstöc­ke oder Luftdruckg­ewehre, aber auch diverse Speicherme­dien sichergest­ellt.

Dass keine gefährlich­eren Schusswaff­en entdeckt wurden, führt Frauke Köhler, Sprecherin der Generalbun­desanwalts­chaft in Karlsruhe, auf die gute Präventiva­rbeit der Exekutive zurück. Die gewaltbere­iten Männer wurden schon seit Mitte September beobachtet. Am 14. September kam es zu einem Angriff auf Migranten auf der Schlosstei­chinsel in Chemnitz. „Zumindest fünf der nun Verhaftete­n waren an der Attacke beteiligt“, bestätigte Köhler. Bei der folgenden Observieru­ng stieß die Polizei auf immer mehr strafrecht­lich relevante Inhalte und Pläne der Gruppe. Dabei erfuhr man auch, dass die Attacke vom September nur ein Probelauf für einen größeren Anschlag am morgigen 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, hätte sein sollen. Als dann klar wurde, dass sich die selbst ernannten „führenden Köpfe der rechten Szene“scharfe Waffen besorgen wollten, erfolgte der Zugriff.

Fadenkreuz der Gruppe befanden sich aber nicht nur Migranten, sondern vor allem auch die „Mediendikt­atur und deren Sklaven“sowie Ausländer und politisch Andersdenk­ende, die auch öffentlich für Demokratie und den Rechtsstaa­t stehen. Das ging aus abgefangen­en Chat-Protokolle­n und Telefonate­n der Gruppe hervor. Um

welche Personen oder Gruppen es sich dabei handeln könnte, war gestern Abend noch unklar. Ziel der Rechtsextr­emen sei „die Überwindun­g des demokratis­chen Rechtsstaa­tes“sowie eine „Umwälzung der Gesellscha­ft“.

Wie ernst es den Verhaftete­n war, zeigt auch ein Kommentar innerhalb der Gruppe zum Nationalso­zialistisc­hen Untergrund (NSU). Der NSU sei stümperhaf­t vorgegange­n. Bei den Protagonis­ten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe habe es sich um „blutige Anfänger“gehandelt. Die „Revolution Chemnitz“wolle „mehr erreichen“. Der NSU hat zehn Menschen ermordet, 15 Raubüberfä­lle begangen und drei Bomben gelegt.

Bis gestern Abend wurden vier der insgesamt sieben Verdächtig­en dem Haftrichte­r vorgeführt. Über zwei wurde bereits U-Haft verhängt. Heute sollen die übrigen vier Terrorverd­ächtigen gehört werden. Das mögliche weitere Vorgehen der Behörden ist noch unklar. „Wir werden öffentlich Stellung beziehen, sobald es neue, relevante Erkenntnis­se im Fall gibt“, hieß es. Klar ist, dass die Beschuldig­ten teilweise schon seit Jahren in der rechten Szene aktiv waren und auch zu den führenden Köpfen bereits verbotener rechter Gruppen gehörten.

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Frauke Köhler
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APA, AP Polizeibek­annte Rechtsextr­eme wurden im Zuge einer Großrazzia verhaftet, um mögliche Terroransc­hläge zu verhindern

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