„Der Geldregen kann nicht jeden treffen“
Auftakt im Pyramidenspielprozess: Horrende Summen im Spiel, bis System zerbröselte.
Bei der Anzahl der Angeklagten (15) und Anwälte (12) kann man beim Auftakt des Pyramidenspielprozesses am Straflandesgericht Graz leicht den Überblick verlieren: „Sind Sie Schöffin?“, wird eine Frau am Eingang gefragt. „Nein“, sagt sie, „das Gegenteil, leider.“Die Frau nimmt auf der Anklagebank Platz. Den Beschuldigten wird das Verbrechen des Pyramidenspiels, einigen auch Betrug vorgeworfen.
„Die 15 haben etwas gemeinsam: Sie sind alle in führender Rolle beim Schenkkreis im Raum Voitsberg tätig gewesen. Sie sind miteinander verwandt oder seht gut bekannt“, eröffnet Staatsanwalt Hansjörg Bacher. Das Ganze sei ein Familienunternehmen gewesen, das erfolgreich tätig war und beim Kettenspiel selbst hohe Gewinne zum Schaden anderer, angeworbener Spieler machte. Die Summen, die laut Gutachten von den Angeklagten lukriert wurden: Ein Mann erhielt etwa 927.000 Euro an Beschenkungen, eine Frau eine Million.
Das Prinzip war in den Jahren 2007 bis 2009 immer gleich: 5000 oder 10.000 Euro mussten einbezahlt und zwei weitere Zahlungswillige angeworben werden, dann sollte nach kurzer Zeit der achtfache Betrag ausbezahlt werden. „Es gab Gewinner“, so Bacher, „aber das waren nur die, die frühzeitig dran waren.“Weiter unten zerbröselt das System, „irgendwann ist das Reservoir an neuen Spielern erschöpft“, rechnet der Staatsanwalt vor.
Zum Betrugsvorwurf konkretisiert Bacher: „Den Opfern wurde versprochen, dass sie jederzeit aussteigen können und den Einsatz retour bekommen. Das war aber nur eine listige Täuschung.“
Um neue Teilnehmer anzulocken, fanden laut Staatsanwalt „sektenartige Beschenkungsveranstaltungen in Deutschland“statt. Der „große Fisch im System“, ein 52-jähriger Weststeirer, stellte laut Anklage das System auf die Beine. Er wird heute befragt.
Gestern sprachen die Anwälte davon, dass die Anklage „völlig überzogen“sei und das Gutachten „nicht nachvollziehbare Schadenshöhen“nenne. Schließlich habe es ja gar keine Buchhaltung gegeben.
Am ersten Verhandlungstag ist die Anzahl der Angeklagten um sechs Personen geschrumpft. Den Beschuldigten wurde eine Geldbuße auferlegt, auch müssen sie den Schaden gutmachen.