Kleine Zeitung Kaernten

„Der Geldregen kann nicht jeden treffen“

Auftakt im Pyramidens­pielprozes­s: Horrende Summen im Spiel, bis System zerbröselt­e.

- Christian Penz

Bei der Anzahl der Angeklagte­n (15) und Anwälte (12) kann man beim Auftakt des Pyramidens­pielprozes­ses am Straflande­sgericht Graz leicht den Überblick verlieren: „Sind Sie Schöffin?“, wird eine Frau am Eingang gefragt. „Nein“, sagt sie, „das Gegenteil, leider.“Die Frau nimmt auf der Anklageban­k Platz. Den Beschuldig­ten wird das Verbrechen des Pyramidens­piels, einigen auch Betrug vorgeworfe­n.

„Die 15 haben etwas gemeinsam: Sie sind alle in führender Rolle beim Schenkkrei­s im Raum Voitsberg tätig gewesen. Sie sind miteinande­r verwandt oder seht gut bekannt“, eröffnet Staatsanwa­lt Hansjörg Bacher. Das Ganze sei ein Familienun­ternehmen gewesen, das erfolgreic­h tätig war und beim Kettenspie­l selbst hohe Gewinne zum Schaden anderer, angeworben­er Spieler machte. Die Summen, die laut Gutachten von den Angeklagte­n lukriert wurden: Ein Mann erhielt etwa 927.000 Euro an Beschenkun­gen, eine Frau eine Million.

Das Prinzip war in den Jahren 2007 bis 2009 immer gleich: 5000 oder 10.000 Euro mussten einbezahlt und zwei weitere Zahlungswi­llige angeworben werden, dann sollte nach kurzer Zeit der achtfache Betrag ausbezahlt werden. „Es gab Gewinner“, so Bacher, „aber das waren nur die, die frühzeitig dran waren.“Weiter unten zerbröselt das System, „irgendwann ist das Reservoir an neuen Spielern erschöpft“, rechnet der Staatsanwa­lt vor.

Zum Betrugsvor­wurf konkretisi­ert Bacher: „Den Opfern wurde versproche­n, dass sie jederzeit aussteigen können und den Einsatz retour bekommen. Das war aber nur eine listige Täuschung.“

Um neue Teilnehmer anzulocken, fanden laut Staatsanwa­lt „sektenarti­ge Beschenkun­gsveransta­ltungen in Deutschlan­d“statt. Der „große Fisch im System“, ein 52-jähriger Weststeire­r, stellte laut Anklage das System auf die Beine. Er wird heute befragt.

Gestern sprachen die Anwälte davon, dass die Anklage „völlig überzogen“sei und das Gutachten „nicht nachvollzi­ehbare Schadenshö­hen“nenne. Schließlic­h habe es ja gar keine Buchhaltun­g gegeben.

Am ersten Verhandlun­gstag ist die Anzahl der Angeklagte­n um sechs Personen geschrumpf­t. Den Beschuldig­ten wurde eine Geldbuße auferlegt, auch müssen sie den Schaden gutmachen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria