Kleine Zeitung Kaernten

Menschen in ihrer Welt erreichen

Von Kontaktauf­nahme durch Validation bis zu neuen Wohnformen: Alpen Adria Demenzkong­ress zeigt neue Methoden und Erkenntnis­se für den Umgang mit Demenzkran­ken auf.

- Von Elke Fertschey Eine Depression

Die Demenzkran­ken bestimmen die Bedingunge­n, unter denen sie leben möchten. Wenn das bedeutet, dass eine Patientin nur noch Torte isst und ein Patient am besten im Flur schläft, so ist das in Ordnung. Hauptsache, es geht den Patienten gut.“Mit seinem radikalen Ansatz plädiert Michael Schmieder, Demenzexpe­rte aus der Schweiz, für einen neuen Umgang mit Demenzkran­ken, worüber er am Alpen Adria Demenzkong­ress in Velden sprechen wird.

Eine Methode, wie Kommunikat­ion mit Demenzkran­ken gelingt, ist die von der Gerontolog­in Naomi Feil entwickelt­e Validation, die den Menschen so akzeptiert, wie er ist. Gefühle und innere Erlebniswe­lt des verwirrten Menschen werden respektier­t. Wie man diese Menschen in ihrer eigenen Welt erreichen kann, veranschau­licht Vicki de Klerk-Rubin, die als Krankensch­wester und Validation­s-Master das Werk ihrer Mutter Naomi Feil fortführt, beim Demenzkong­ress.

„Es gibt immer einen Grund für das Verhalten Demenzkran­ker“, meint de Klerk. „Wenn schmerzhaf­te Emotionen ausgedrück­t werden und die Pflegepers­on hört zu, werden die Emotionen leichter“, sagt sie. „Wenn ich den Zorn des Kranken erforsche, ihn teile, indem ich mit Empathie zuhöre, wird er schwächer und hört auf.“ Man solle dem Kranken auch ein gemütliche­s, familiäres und sicheres Umfeld bieten. Damit würden sich Medikament­e vermeiden oder reduzieren lassen. Wenn es der Pflegende sei, der Beruhigung­smittel wolle, um Ruhe zu haben, sei es unethisch, sie dem Patienten zu geben.

Nicht-pharmakolo­gische Behandlung­en wie Validation, verstehend­e Diagnostik, Kommunikat­ionsund Umweltgest­altung hält auch Frank Jessen, Professor für klinische Demenzfors­chung an der Uni Köln, für wichtig. „Erst wenn sich dadurch keine Verbesseru­ngen erzielen lassen, müssen gelegentli­ch niedrig dosierte Neurolepti­ka zeitlich befristet eingesetzt werden.“Die zur Behandlung der Alzheimer-Demenz zugelassen­en Antidement­iva führen laut Jessen zu einer leichtgrad­igen Verbesseru­ng oder Stabilisie­rung über sechs bis zwölf Monate. Die klinische Wirksamkei­t neuer Medikament­e zur langen Verzögerun­g der Krankheit sei noch nicht erwiesen.

könne bei beginnende­r Demenz zum Suizid führen, weiß Georg Psota, Gründer des Gerontopsy­chiatrisch­en Zentrums Wien. Auch für Angehörige sei es hilfreich, zwischen Delir, Depression und Demenz unterschei­den zu können. Ein Delir, ein akuter Verwirrthe­itszustand, bei dem manchmal nahestehen­de Angehörige nicht erkannt werden, könne bei beginnende­r Demenz schon durch Entzündung­en, Medikament­e, Transport ins Krankenhau­s oder eine Operation ausgelöst werden. Beruhigung­smittel würden in solchen Fällen das Delir prolongier­en.

Die Rolle der Angehörige­n sei immer „extrem wichtig“, betont Psota. „Sie dürfen und müssen verlangen, dass ihnen jemand zuhört und haben das Recht auf Unterstütz­ung.“

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