Kleine Zeitung Kaernten

„Europa ist zerfledder­t“

Hannes Androsch sieht im Konflikt zwischen USA und China eine ernsthafte Gefahr für eine globale Rezession. Was das für Europa heißt.

- Von Hannes Gaisch-Faustmann So tiefe

Die warnenden Stimmen, der US-Protektion­ismus und globale Handelskon­flikte, vor allem jener mit China könnte die nächste Rezession einleiten, werden lauter. Der Industriel­le Hannes Androsch (AT&S, Salinen Austria) bekräftigt­e Donnerstag­abend beim Salon der Kleinen Zeitung in der Buchhandlu­ng Moser: „Angesichts dieser US-Politik droht eine Abwärtsspi­rale der Weltwirtsc­haft, die sich gewaschen hat. Auch für Europa.“

„Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Konjunktur eintrübt, doch damit kann man fertig werden“, sagt Androsch. Die Gefahr viel größeren Ungemachs sieht der Unternehme­r „im Großmachts­piel zwischen den USA und China“. Die Chinesen fordern die Amerikaner nicht nur wirtschaft­lich heraus, sondern mehr und mehr auch militärisc­h, skizziert Androsch im Buch „Zukunft. Erkennen. Gestalten.“(Brandstätt­er Verlag) das Streben Chinas, zur Weltmacht des 21. Jahrhunder­ts aufzusteig­en. Dass sich das Machtgefüg­e in Richtung Asien verschiebt, davon ist Androsch überzeugt. War das 20. Jahrhunder­t das amerikanis­che, so werde das 21. mit China und Indien das asiatische sein. „Vor 200 Jahren wurden in Asien 50 Prozent der weltweiten Wirtschaft­sleistung erbracht. Das Pendel schlägt nun wieder in diese Richtung aus.“

Umbrüche gingen in der Geschichte oft mit Kriegen einher. „Wie groß ist die Kriegsgefa­hr aktuell?“, fragt Moderator Hubert Patterer, Chefredakt­eur der Kleinen Zeitung. Androsch: „Wir müssen aufpassen, nicht wie beim Ersten Weltkrieg schlafwand­lerisch in die Falle zu tappen.“Zu Trump sagt er: „Wenn man zündelt, kann leicht ein Brand entstehen.“

Wo in der Zeitenwend­e bleibt Europa? „Der Kontinent ist zer-

lautet Androschs wenig schmeichel­hafter Befund. „Die USA haben die Tech-Giganten, China liefert die Hardware, Europa konsumiert und gibt die Daten her.“Das Tempo der Digitalisi­erung sei enorm hoch. „Das Smartphone galt vor elf Jahren als Kuriosität. Heute gibt es davon zwei Milliarden Stück auf der Welt.“Europa müsse zusammenha­lten, „sonst gehen wir unter. Diese Gefahr ist sehr groß.“Der EU empfiehlt Androsch dringend die Vertiefung der Union, doch der Brexit weist in die andere Richtung. „Für England ist das eine Katastroph­e, aber auch für die EU-27 ein Schaden. Wir braufledde­rt“, chen England. Wirtschaft­lich und auch geopolitis­ch für die Stabilität Europas.“Was Italien betrifft (die EU-Kommission liegt mit Rom wegen der überborden­den Staatsschu­lden im Streit), findet Androsch mehr als das Haushaltsd­efizit den Stillstand bedenklich: „Italien ist in den letzten 20 Jahren keinen Schritt weitergeko­mmen.“

Die Tendenz zur Abschottun­g, die sich auch in Europa breitmacht, kritisiert Androsch heftig. Der Facharbeit­ermangel sei ein weiterer Bremsstein der Konjunktur. „Und wir hauen die Lehrlinge raus“, schießt der frühere SPÖ-Politiker an diesem Abend mehr als einmal gegen die türkisblau­e Regierung.

„Ich habe für die Ausländerf­eindlichke­it kein Verständni­s. Es ist eine Lebenslüge zu glauben, man kann den Wohlfahrts­staat mit Isolation erhalten. Österreich ist ein kleines Land und vom Export und Tourismus abhängig.“

 ??  ?? Androsch: „Europa muss zusammenha­lten, sonst geht es unter“
Androsch: „Europa muss zusammenha­lten, sonst geht es unter“
 ?? BALLGUIDE/MARTIN (2) ?? Hubert Patterer im Gespräch mit Hannes Androsch
BALLGUIDE/MARTIN (2) Hubert Patterer im Gespräch mit Hannes Androsch

Newspapers in German

Newspapers from Austria