Genuss auf Seemannsart
Wer nach Hamburg fährt, wird auch auf kulinarische Schatzkästchen stoßen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Auf ihren Auftritt wartet man in der schrägen Oberhafen-Kantine, wo sich früher die Hafenarbeiter stärkten, umsonst. Sie ist viel zu teuer. Panama Geisha ist eine goldbraune Verheißung für besondere Stunden. Sie ist edel, exotisch und geschmackvoll, ein Genuss für Kenner. Ihr Rekordpreis liegt bei 600 Dollar. Panama Geisha stammt vom Berg Geisha in Äthiopien und ist die teuerste Kaffeesorte der Welt. Kennenlernen kann man sie in der historischen Kaffeerösterei Burg, wo man die weltbesten Sorten traditionell als Filterkaffee verkostet.
In der Oberhafen-Kantine, die mit einem durch Sturmfluten verursachten Neigungswinkel von fünf Grad wie ein gestrandeter Kahn am Hafen liegt und wo sich Gäste an Grünkohl, Frikadellen, Pannfisch, Aalsuppe oder Hamburger Weißwürsten delektieren, fragt niemand nach ihr, obwohl die in den 1920er-Jahren erbaute Vertreterin des norddeutschen Klinkerexpressionismus auch „Kaffeeklappe“ist.
mit fußkurbelbetriebenem Speiseaufzug wurde 2006 neu eröffnet von Christa Mälzer, Mutter des TV-Kochs Tim Mälzer, der in seinem Restaurant „Bullerei“, im ehemaligen Schlachthof im trendigen Schanzenviertel, Fleischspezialitäten wie „Hochrippe von der Färse“– einer Kuh, die noch nicht gekalbt hat – anbietet. Hit in der Oberhafen-Kantine ist das „Abendbrot“mit Matrosenspezialitäten wie Labskaus oder Matjes und dem „Verschleierten Bauernmädchen“als Dessert. Unweit davon lockt „Hobenköök“mit regionalen, saisonalen Lebensmitteln, die laut Küchenchef Thomas Sampl genauso im Trend liegen wie der Kontakt zwischen Koch und Kunden. Sampl begibt sich mit seinen Gästen auf „Smutjes Landgang“– Smutje war der Schiffskoch – zum Isemarkt, dem größten Wochenmarkt Europas, wo man auch Spezialitäten wie „Grützwurst“(Blutwurst mit Hafergrütze) erstehen und Nordseekrabben pulen kann. Sampl, der mit seinen Gästen alte Rezepte nachkocht, kauft auch Sauerampferblätter für Soßen und alte Sorten wie Sommergrünkohl.
geprägten Hamburg von einst sei Essen „nicht so wichtig“gewesen, erläutert Guido Neumann vom Tourismusamt. Doch das habe sich geändert. Nun habe die reichste Stadt Deutschlands, wo sich französische Küche mit „Nordic Style“mische, mehr Michelin-Sterne aufzuweisen als das viel größere Berlin.
Beweis dafür ist das Restaurant Strauchs Falco in der HafenCity, dem größten urbanen Entwicklungsprojekt Europas inmitten der Speicherstadt. Ibiza-Fan Tobias Strauch kombiniert feine mediterrane Küche mit orientalischen Aromen und hanseatischer Tradition. Namensgeber sind die kostbaren japanischen Stellschirme, auf denen Falken abgebildet sind. Sie stammen wie das exquisite Interieur-Design von Designer Peter Schmidt.
des Genusses kann man in der Kaffeerösterei Elbgold oder Burg bei der komplizierten Röstung zusehen, die in zehn Schritten zu je drei Minuten erfolgt. „Industrie-Kaffee wird meist zu heiß und zu kurz geröstet, das führt zu Sodbrennen“, erklärt Bärbel Dahms, Leiterin des sehenswerten Kaffeemuseums Burg. „Wenn kalter Kaffee sauer und bitter schmeckt, ist er nie gut gewesen.“Als Wachmacher ist „Cold Brew“– langsam und extra kurz gerösteter Kaffee – mit Gin der letzte Schrei für Kenner.
Auch heimische Craft-Biere erfreuen sich in der Stadt, die vor 500 Jahren 500 Brauereien zählte, großer Beliebtheit. In der Ratsherrn Brauerei kann man sich durch untergärige Lager und obergärige Ales kosten, durch Biere im belgischen Stil oder nach Rauch und rote Beeren schmeckende Rotbiere. Was einen Besuch in der Oberhafenkantine noch schlagseitiger machen kann.