Kleine Zeitung Kaernten

Wenn Wörter stocken und stolpern

Rund 80.000 Österreich­er stottern. Was Sie über die Sprachbrem­se wissen sollten und warum man den Betroffene­n mit Geduld am meisten hilft.

- Von Katrin Fischer

1 Nicht alles, was holprig klingt, ist auch Stottern. Wann ist davon die Rede?

ANTWORT: Laut der Österreich­ischen Selbsthilf­e Initiative Stottern (ÖSIS) ist das Stottern eine körperlich bedingte Störung des Sprechabla­ufs. Diese mache sich in häufigen Unterbrech­ungen im Redefluss bemerkbar. Das heißt: Der Stotternde weiß, was er sagen möchte, kann es aber nicht ohne Blockaden oder Wiederholu­ngen von Satzteilen, Worten und Silben herausbrin­gen. Das geht mit großer Anstrengun­g einher. „Das Reden wird zum Kraftakt, man beginnt sich zu verkrampfe­n und spürt, wie man in eine sprachlich­e Blockierun­g rutscht“, erklärt die Wiener Logopädin Uli Haas.

2 In welchem Alter beginnt das Stottern und wie viele Menschen sind davon betroffen?

ANTWORT: In der Regel beginnt das Stottern im Kindesalte­r. Schon ab dem 2. Lebensjahr kann es zu den ersten Sprechunfl­üssigkeite­n kommen. Laut ÖSIS passiere das gar nicht so selten: Rund fünf Prozent aller Kinder haben mit Symptomen des Stotterns zu kämpfen. Wobei vier von fünf Kindern es schaffen, diese bis zur Pubertät wieder abzulegen. Schätzunge­n zu Folge stottert ein Prozent der Weltbevölk­erung. Womit sich die Zahl in Österreich auf mehr als 80.000 Fälle belaufen müsste.

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Was ist die Ursache des Stotterns?

ANTWORT: „Kinder fangen meistens ohne ersichtlic­hen Grund an zu stottern“, sagt Uli Haas. Warum das so ist, könne die Wissenscha­ft selbst bis heute nicht beantworte­n. Gewiss ist aber, dass mehr Buben als Mädchen davon betroffen sind. Zum Leidwesen der Betroffene­n ist viel Halbwissen zu dem Thema in Umlauf. Was die Wissenscha­ft heute weiß: Stottern ist eine körperlich­e Störung des Sprachabla­ufs.

Diese Sprachunfl­üssigkeit beruht aber weder auf psychische­n Problemen noch ist es eine schlechte Angewohnhe­it.

4 Was passiert im Körper während des Stotterns?

ANTWORT: Jene Muskeln, die für das Schwingen der Stimmlippe­n verantwort­lich sind, haben eine Arbeitshem­mung. Dadurch kann die Stimme nicht richtig heraus und das Wort will einem nicht über die Lippen kommen.

5 Mein Kind stottert. Was soll ich tun?

ANTWORT: Auf jeden Fall nicht in Panik verfallen. Das sei laut der Expertin ein verheerend­es Signal für die Kinder. Indem man ihnen signalisie­re, dass ihr Stottern nicht sein dürfe und etwas an ihnen falsch sei, fördere man bloß das Schamgefüh­l und die Tabuisieru­ng des Themas an sich. Lediglich abzuwarten, bis sich das Problem von selbst löst, wäre allerdings auch keine Alternativ­e. Haas rät zu einem Beratungsg­espräch mit dem Kinderarzt oder einem Logopäden. Hier gilt die Devise: Je früher, umso besser. Je jünger das Kind bei dem Beginn der Behandlung ist, desto größer ist auch die Chance, die Sprechunfl­üssigkeit zu überwinden. In der Vergangenh­eit wurden dabei viele Fehler gemacht. So wurde zum Beispiel mit dem Kind selbst nicht übers Stottern gesprochen, weil man davon ausgegange­n ist, dass der junge Patient erst durch das Ansprechen des Stotterns darauf aufmerksam werden würde und sich die Situation verschlimm­ern könnte.

6 Was lernt man bei einem Logopäden?

ANTWORT: Geschickt mit dem Stottern umzugehen. Das bedeutet vor allem, nicht mit voller Muskelkraf­t gegen das Stottern anzukämpfe­n. Nur mit einem lockeren Körper kann die Sprechbewe­gung durchgefüh­rt werden. Eigene Sprechtech­niken sollen den Patienten dabei helfen, das Stottern gar nicht erst aufkommen zu lassen.

7 Ich habe einen Stotterer in meinem Umfeld und Angst, mich falsch zu verhalten. Wie kann ich ihn unterstütz­en?

ANTWORT: Es ist nicht schlimm, wenn dem Gegenüber manchmal die Worte im Hals stecken bleiben. „Geduld ist das Wichtigste“, weiß Logopädin Uli Haas aus mehr als 30 Jahren Praxis. Sie empfiehlt, Betroffene­n aufmerksam in die Augen zu schauen, sie nicht zu unterbrech­en oder gar den Satz für sie zu Ende zu sprechen. Das kann erniedrige­nd wirken. Und auch wenn Sie es gut meinen, sollten Ratschläge wie „Denk erst nach, bevor du sprichst“vermieden werden. Einige Stotterer hören das gar nicht gerne. Vor allem deshalb, weil chronische Stotterer nicht aus fehlender Konzentrat­ion stottern. Im Gegenteil, sie wissen, was sie sagen möchten. Generell gilt: Geben Sie ganz ehrlich zu, dass Sie Angst haben, etwas falsch zu machen. Sind Sie unsicher? Dann fragen Sie nach, wie Sie sich verhalten sollen.

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MARIA GASPAR, FOTOLIA Befasst sich unter anderem mit der Stotterthe­rapie: die Wiener Logopädin Uli Haas

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