„Wer miteinander lacht, streitet nicht“
Sie ist eines der universellsten Talente des französischen Films. Sie schreibt, sie inszeniert, sie spielt, sie singt. All diese Begabungen nützt Agnès Jaoui jetzt für ihr neuestes Kino-Opus „Champagner & Macarons“.
Ihre Drehbücher schreiben Sie gemeinsam mit Jean-Pierre Bacri, auch er wirkt natürlich in „Champagner & Macarons“mit. Gibt es einen fixen Arbeitsrhythmus?
Wir schreiben jeden Tag von 15 bis 19 Uhr. Wochenende ausgenommen.
Früher waren Sie offiziell ein Paar, mittlerweile nicht mehr. Ist das für die Arbeit besser?
Es ist nicht anders als vorher, wir lieben und respektieren einander noch genauso wie früher.
Ihre jetzige Geschichte spielt beim Gartenfest einer viel beschäftigten Fernsehproduzentin. Also ein einziger Schauplatz. Warum?
Einer meiner früheren Filme, „Unter dem Regenbogen“, hatte 53 Schauplätze. Sie ahnen gar nicht, wie mühevoll es ist, jeweils alles zusammenzutragen. Ein einziger Spielort war dagegen echte Entspannung, und Geld haben wir auch gespart.
Unaufhaltsam füllt sich der Garten mit Gästen aus allen Himmelsrichtungen, mit Gästen verschiedenster Herkunft. Die Szenerie wird bald zum Jahrmarkt der Eitelkeiten. Der Schampus fließt in Strömen, und als das Fest in vollem Gange ist, fallen unaufhaltsam die zivilen Masken und geben den Blick frei auf ein Pulverfass der Emotionen. Was hatten Sie im Sinn, als Sie und Jean-Pierre Bacri mit dem Drehbuch begannen?
Einen nicht allzu aufdringlichen, aber ironischen Blick auf die aktuelle politische Situation und die sozialen Klassen zu werfen.
Was war der Hintergrund dieses Konzept?
Wir haben in zunehmendem Maß das Auseinanderdriften der Eliten, die Gegensätze zwischen Stadtbewohnern und dem Rest der Bevölkerung beobachtet.
Und was haben Sie daraus geschlossen?
Viele leben nur noch in einer Blase und merken nicht, dass es außerhalb auch Menschen mit anderen Bedürfnissen gibt. Und ein bisschen spielt im Film auch der Faktor des Älterwerdens eine Rolle.
Gibt es für die diversen Charaktere Vorbilder?
Keine direkten, wir setzen sie aus unseren Beobachtungen zusammen. Die Probleme des Älterwerdens konnten wir am besten an uns selbst analysieren. Eigene Erlebnisse sind natürlich auch eingeflochten.
Zum Beispiel?
für
Am Anfang und am Ende sehen Sie, wie ein Mann mit Gewehr naht. Was er damit macht, verraten wir lieber nicht. Für diesen Mann gab es ein Vorbild. JeanPierre und ich machten einmal in der französischen Jura Urlaub. Wir kamen zu früh im Hotel an, und der Besitzer fragte uns gleich grob, was wir jetzt schon bei ihm wollten. Er bekam wohl auch mit, dass es sich bei uns um Leute aus dem Künstlervölkchen handelte, die er offensichtlich nicht sehr schätzte. Jean-Pierre gab ihm Kontra. Der Hotelbesitzer erklärte: „Leute, die sich nicht wohlfühlen, brauchen wir hier nicht!“Wir riefen die Polizei, aber die schlug sich auf seine Seite. Als ich ein anderes Hotel wegen einer Unterkunft anrufen sollte, kappte er die Leitung. Und er hatte ein Gewehr. Vieles aus dieser „Unterhaltung“hat Jean-Pierre für den Mann mit dem Gewehr in unserem Film verwendet.
aus
Im Gegenteil. Denn plötzlich geschah das Terror-Attentat in Paris. Sie können sich vorstellen, wie das auf jemanden wirkt, der gerade etwas Lustiges kreieren möchte. Kein Wunder, dass es bei uns zu einer Schreibblockade kam, von der wir uns nur langsam lösen konnten. Also dauerte es rund zwei Jahre, bis das Drehbuch fertig war. Ja, denn ich sage mir: Wenn die Leute miteinander lachen, streiten sie nicht.