Zwei Welten
Der WAC brennt auf das Cup-Duell gegen Rapid (Mittwoch, 18 Uhr). Trainer Christian Ilzer sieht sich zwar als Außenseiter. Dennoch wagt er es, von Europa zu träumen.
Wenn Sie mir einmal begegnen und ich Sie dann merkwürdig ansehe, hat das einen Grund, für den Sie gar nichts können: Ich hasse Handys. Natürlich haben diese Prothesen für alles und modernen Nabelschnüre Vorteile, geben sie den Leuten das Gefühl, jederzeit verbunden und über alles informiert zu sein. Außerdem erleichtern diese Hybride aus Schutzengel, Wächter und Wischfetzen die Kommunikation, es gibt WhatsApp-Gruppen für Kindergeburtstage oder Kegelabende, für Klassentreffen oder Krankenhausbesuche. Ich aber empfinde diese glatten Dinger als moderne Sträflingsketten, die einen an die Galeere der Verfügbarkeit schmieden. Deshalb habe ich ein Seniorenhandy aus dem telekommunikativen Mesozoikum, das außer telefonieren nichts kann.
Das hat Nachteile. So weiß ich nie um die Zwischenstände aktueller Sportereignisse. Spielen etwa Sturm bei Hartberg oder Rapid gegen die Admira, ist es praktisch unmöglich, die Scores aus den Gesichtern der Passanten abzulesen. Anders bei Dominic Thiem. Als er im Viertelfinale der US-Open auf Nadal traf, brachte ich meinen Sohn zur Schule. Es war halb acht Uhr morgens MEZ, die Begegnung ging in den fünften Satz und ich versuchte verzweifelt, die Entwicklung der Partie aus Gesten der U-Bahn-Passagiere abzulesen. Da praktisch jeder in sein Smartphone blickte, gab es genügend Studienobjekte. Ist das verschmitzte Lächeln der alten Dame ein gutes Zeichen? Interessiert sie sich für Tennis? Oder der verzweifelte Blick des jungen Mannes mit der Pullmankappe? Liebeskummer? Geldsorgen? Oder hat Thiem gerade ein Break kassiert? Ballt jemand die Faust? Macht einer eine wegwerfende Handbewegung? Ein glückliches oder verzweifeltes Gesicht? Natürlich habe ich auch einmal wen mit „Wie steht’s denn?“angesprochen, was mir von der jungen Dame aber als plumper Annäherungsversuch ausgelegt und mit einer harschen Geste vergolten wurde. ie ist Sport so spannend wie beim Nicht-Zusehen, weil sich da alles in der Fantasie abspielt. Darum hat schon André Heller, der kandierte und kandidelte Wechselbalg aller Poeten, einst gesagt: Der wahre Sport ist im Kopf, und ist er nicht im Kopf, so ist er nirgendwo … oder so ähnlich. Ständig erwartet man das „Achtung, Achtung“eines Radioreporters oder das plötzliche Umschalten eines Resultats auf der Teletextseite. Man kann seiner Mannschaft Energie schicken und sich kleinen abergläubischen Ritualen widmen. Aber manchmal reicht das nicht, muss man einfach etwas überzuckern, wissen, wie es steht. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, wenn ich Sie dereinst forschend anblicke, das ist dann kein Unterzucker, sondern Wissbegier, weil ich akut wissen muss, wie es steht. Irgendwer spielt nämlich immer.
NIn einem Parallel-Universum sollen angeblich eigene Gesetze herrschen. Der Fußball rollt für den WAC hüben (Bundesliga-Alltag) wie drüben (ÖFB-Cup) gleichermaßen zufriedenstellend. Damit stehen die Lavanttaler vor dem Mittwoch-Duell gegen Rapid Wien im Cup-Achtelfinale in einer aussichtsreichen Position. Trotzdem sieht sich WolfsbergTrainer Christian Ilzer als Außenseiter: „Die Hütteldorfer sind gegen den WAC immer der Favorit“, und begründet: „Sie verfügen über große Qualität und einen neuen Trainer, der für viel Energie sorgt.“
Die Versuchung, gerade jetzt über einen Cup-Sieg gegen Rapid nachzudenken, ist aber verlockend. Didi Kühbauer hat vor vier Wochen den wankelmütigen, grün-weißen Stuhl übernommen. Die erste Bilanz: drei Siege (gegen Mattersburg, Horn, Admira) stehen drei Pleiten gegenüber (Glasgow, Villa-