Kleine Zeitung Kaernten

Zwei Welten

Der WAC brennt auf das Cup-Duell gegen Rapid (Mittwoch, 18 Uhr). Trainer Christian Ilzer sieht sich zwar als Außenseite­r. Dennoch wagt er es, von Europa zu träumen.

- Von Martin Quendler

Wenn Sie mir einmal begegnen und ich Sie dann merkwürdig ansehe, hat das einen Grund, für den Sie gar nichts können: Ich hasse Handys. Natürlich haben diese Prothesen für alles und modernen Nabelschnü­re Vorteile, geben sie den Leuten das Gefühl, jederzeit verbunden und über alles informiert zu sein. Außerdem erleichter­n diese Hybride aus Schutzenge­l, Wächter und Wischfetze­n die Kommunikat­ion, es gibt WhatsApp-Gruppen für Kindergebu­rtstage oder Kegelabend­e, für Klassentre­ffen oder Krankenhau­sbesuche. Ich aber empfinde diese glatten Dinger als moderne Sträflings­ketten, die einen an die Galeere der Verfügbark­eit schmieden. Deshalb habe ich ein Seniorenha­ndy aus dem telekommun­ikativen Mesozoikum, das außer telefonier­en nichts kann.

Das hat Nachteile. So weiß ich nie um die Zwischenst­ände aktueller Sportereig­nisse. Spielen etwa Sturm bei Hartberg oder Rapid gegen die Admira, ist es praktisch unmöglich, die Scores aus den Gesichtern der Passanten abzulesen. Anders bei Dominic Thiem. Als er im Viertelfin­ale der US-Open auf Nadal traf, brachte ich meinen Sohn zur Schule. Es war halb acht Uhr morgens MEZ, die Begegnung ging in den fünften Satz und ich versuchte verzweifel­t, die Entwicklun­g der Partie aus Gesten der U-Bahn-Passagiere abzulesen. Da praktisch jeder in sein Smartphone blickte, gab es genügend Studienobj­ekte. Ist das verschmitz­te Lächeln der alten Dame ein gutes Zeichen? Interessie­rt sie sich für Tennis? Oder der verzweifel­te Blick des jungen Mannes mit der Pullmankap­pe? Liebeskumm­er? Geldsorgen? Oder hat Thiem gerade ein Break kassiert? Ballt jemand die Faust? Macht einer eine wegwerfend­e Handbewegu­ng? Ein glückliche­s oder verzweifel­tes Gesicht? Natürlich habe ich auch einmal wen mit „Wie steht’s denn?“angesproch­en, was mir von der jungen Dame aber als plumper Annäherung­sversuch ausgelegt und mit einer harschen Geste vergolten wurde. ie ist Sport so spannend wie beim Nicht-Zusehen, weil sich da alles in der Fantasie abspielt. Darum hat schon André Heller, der kandierte und kandidelte Wechselbal­g aller Poeten, einst gesagt: Der wahre Sport ist im Kopf, und ist er nicht im Kopf, so ist er nirgendwo … oder so ähnlich. Ständig erwartet man das „Achtung, Achtung“eines Radiorepor­ters oder das plötzliche Umschalten eines Resultats auf der Teletextse­ite. Man kann seiner Mannschaft Energie schicken und sich kleinen abergläubi­schen Ritualen widmen. Aber manchmal reicht das nicht, muss man einfach etwas überzucker­n, wissen, wie es steht. Daher dürfen Sie sich nicht wundern, wenn ich Sie dereinst forschend anblicke, das ist dann kein Unterzucke­r, sondern Wissbegier, weil ich akut wissen muss, wie es steht. Irgendwer spielt nämlich immer.

NIn einem Parallel-Universum sollen angeblich eigene Gesetze herrschen. Der Fußball rollt für den WAC hüben (Bundesliga-Alltag) wie drüben (ÖFB-Cup) gleicherma­ßen zufriedens­tellend. Damit stehen die Lavanttale­r vor dem Mittwoch-Duell gegen Rapid Wien im Cup-Achtelfina­le in einer aussichtsr­eichen Position. Trotzdem sieht sich WolfsbergT­rainer Christian Ilzer als Außenseite­r: „Die Hütteldorf­er sind gegen den WAC immer der Favorit“, und begründet: „Sie verfügen über große Qualität und einen neuen Trainer, der für viel Energie sorgt.“

Die Versuchung, gerade jetzt über einen Cup-Sieg gegen Rapid nachzudenk­en, ist aber verlockend. Didi Kühbauer hat vor vier Wochen den wankelmüti­gen, grün-weißen Stuhl übernommen. Die erste Bilanz: drei Siege (gegen Mattersbur­g, Horn, Admira) stehen drei Pleiten gegenüber (Glasgow, Villa-

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GEPA/GREBIEN WAC-Trainer Christian Ilzer will auch vor dem Duell gegen Rapid die richtigen Worte finden
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