Hilfe nur für Afrikas Beste?
Die deutsche Regierung geht mit ihrem Investitionsprogramm neue Wege. Doch um Fluchtursachen zu bekämpfen und Wohlstand zu schaffen, ist mehr notwendig.
Immerhin – nach vielen Ankündigungen hat die deutsche Regierung konkrete Schritte gesetzt, um Afrika stärker ins Zentrum zu rücken. Zielrichtung: Wir setzen nicht auf klassische Entwicklungshilfe, sondern fördern in Afrika Privatwirtschaft und Investitionsklima. Das soll beiden Seiten nutzen, Wohlstand und JobChancen auf dem Nachbarkontinent fördern und, bitteschön, die dortigen Bewohner abhalten, nach Europa aufzubrechen.
So weit, so ehrenhaft. Ob die Rechnung aufgeht, bleibt abzuwarten. Bisher zielt Merkels Investitionsförderprogramm einzig auf die Musterschüler Afrikas: Profitieren sollen wirtschaftlich starke Länder wie Tunesien, Marokko oder die Elfenbeinküste. Die wenig entwickelten und armen Staaten nehmen am Programm nicht teil.
Jetzt mag es sinnvoll sein, die „Reformchampions“weiter zu stabilisieren. Doch unumstritten ist dieser Zugang nicht. Die Londoner Mo-Ibrahim-Stiftung, die den Zustand der Regierungsführung in Afrika untersucht, betont, dass der Abstand zwischen den afrikanischen Musterstaaten und den Problemländern stetig wachse – und neue Spannungen erzeuge.
Und: Obwohl der Kontinent seine Wirtschaftskraft in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent steigern konnte, haben die Bevölkerungen wenig profitiert – die Chancen, einen Job oder eine andere wirtschaftliche Aktivität zu finden, stiegen nur um 0,2 Prozent. Ein Investitionsförderplan, der nicht auch Initiativen zur Verbesserung der Regierungsführung beinhaltet, könnte also nur einigen wenigen zugutekommen. Umso mehr, als auch Autokraten wie die Staatschefs Ägyptens und Ruandas in Berlin mitmachen.
Was hilft also? Kann Europa überhaupt etwas tun? Entwickeln kann sich jedes Land nur selbst. Europäische Verantwortlichkeit gibt es dennoch. Dass subventionierte Agrarprodukte aus Europa afrikanische Märkte überschwemmen und ruinieren, ist Teil des Problems – und weiter nicht auf der poli- tischen Agenda. Jakkie Cilliers, Sicherheitsexperte in Südafrika, fand in Studien, dass die oft verpönte Entwicklungshilfe für die ganz Armen keineswegs so sinnlos gewesen ist wie oft behauptet. Sie habe dazu beigetragen, dass die Kindersterblichkeit heute niedriger, die Lebenserwartung höher sei und Afrikaner im Schnitt länger zur Schule gehen. Das Problem sei aber, dass die Entwicklungshilfe mit dem Bevölkerungswachstum nicht Schritt halte. chätzungen zufolge wird sich die Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent bis 2050 verdoppeln. Geburtenraten zu senken, ist eine heikle Frage, die letztlich in den Ländern selbst diskutiert werden muss. Die UNO betont, die wichtigste Maßnahme sei es, Mädchen möglichst lange in der Schule zu halten. Es braucht also weiter Investitionen in Bildung. Auch in Infrastruktur und moderne Landwirtschaft. Und vor allem Unterstützung für Initiativen, die aus Afrika selbst kommen – Start-ups, regionale Kooperationen, Freihandelszonen innerhalb Afrikas. Merkels Gipfel war sinnvoll – und doch nur ein erster Schritt.
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