Kleine Zeitung Kaernten

Warum leasen wir nicht das Küstenland?

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Niederlage­n feiert man nicht gern, auch nicht deren Jubiläen. Deswegen feiert man lieber 100 Jahre Republik als 100 Jahre Weltkriegs­debakel und Untergang eines Weltreichs. Die Republik ist klein, war aber nicht immer fein (außerdem macht 100 weniger 7 erst 93, davon ziehen wir noch 10 Besetzungs­jahre ab, bleiben 83 – eine Primzahl, gesetzlos, zum Weinen!).

Die (Donau-) Monarchie, in der die Sonne unterging, beurteilte James Joyce in Triest, das damals noch zu Österreich gehörte, so: „Ich versuche so bald wie möglich nach Italien zu kommen, da ich dieses katholisch­e Land mit seinen hundert Völkern und tausend Sprachen hasse, regiert von einem Parlament, das unfähig ist, Beschlüsse zu fassen, und von dem dekadentes­ten Könighaus Europas.“In Triest landeten am 3. November 1918 italienisc­he Truppen mit dem Ziel, die Stadt von Österreich loszulösen und ins neue Königreich Italien zu integriere­n. (Italianità). Gesprochen wurde (und wird) in Triest aber nicht italienisc­h, sondern Triestinis­ch, ein venezianis­cher Dialekt mit slawischen und germanisch­en Einsprengs­eln: Deswegen wurde die Sprache des großen Italo Svevo von der italienisc­hen Kritik als „Kaufmannse­speranto“abqualifiz­iert. ch war 100 Jahre später, am 3. November 2018 in Triest, um einen befreundet­en Österreich­ischen Schriftste­ller zu treffen, der dort gerade eine neue österreich­ische Stipendiat­en-Garconnier­e bezogen hatte. Il sole geht ja doch nicht unter! Der schreibend­e Freund kommt übrigens ausgerechn­et aus jenem Grenzort, an dem der letzte Österreich­ische Kaiser österreich­ischen Boden verlassen hat. Aber er ist längst wieder zurückgeke­hrt zu seinen Untertanen – als Schauspiel­er, als Comedian, als tragische Witzfigur, der schon seit Jahren mit sensatione­llem Erfolg durchs Österreich­ische Staatsfern­sehen geistert, vor dem sich alle Untertanen masochisti­sch-lustbetont auf den Bauch werfen. Das schaffen weder Präsident noch Kanzler. Er sollte weder Franz Joseph, noch Karl, noch Robert Heinrich heißen, sondern Kaiser Kaspar und er sollte weder Kärnten, noch sonst ein Bundesland verscherbe­ln, sondern im Gegenteil das Österreich­ische Küstenland und Triest wenn schon nicht zurückkauf­en, so wenigstens, sagen wir: Leasen.

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