„Magnificat“– die Revolution von OBEN
Augenblicke
Sagt an, wer ist doch diese, die auf am Himmelszelt, die überm Paradiese als Morgenröte steht?“, fragt das alte Marienlied. Ja, wer ist „diese“? Sie selbst gibt die Antwort. Noch ist das Christkind ein winziger Fötus im Leibe seiner Mutter; Maria hat sich aufgemacht, um ihre Cousine Elisabeth zu besuchen. Ihrem höheren Alter zum Trotz, ist Elisabeth doch noch schwanger geworden. Als Maria ihr Haus betritt, bricht Elisabeth vor ihrer um so viel jüngeren Verwandten in eine demütige Huldigung aus: „Woher kommt mir dies, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn siehe, als der Klang deines Grußes an mein Ohr drang, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Schoße …“Worauf Maria unsere Frage „Wer ist doch diese?“vor 2000 Jahren mit einem gewaltigen Hymnus beantwortet, dem „Magnificat“: „Hoch preist meine Seele den Herrn und mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heilande. / Denn er hat herabgeschaut auf die Niedrigkeit seiner Magd. Denn siehe, von nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter …“Maria ist keineswegs das „einfache“Mäderl aus irgendeiner „Unterschicht“, wie das von der Soziologie umnachtete Theologen heute gerne behaupten; ihr Bräutigam Josef, der spätere Nährvater des Sohnes Gottes, entstammt dem „Hause und Geschlechte Davids“… Diese hochgebildete junge Frau aus priesterlichem Geschlecht, deren unbefleckte Empfängnis Katholiken heute feiern, kann das jüdische Gesetz und die Propheten vermutlich auswendig. Die Verse des „Magnificats“bezeugen es. Der mit geistlichen Waffen gegen die Anmaßung des absolut bösen Nationalsozialismus ankämpfende evangelische Märtyrer Dietrich Bonhoeffer – er ist auf persönlichen Befehl Adolf Hitlers noch im Mai 1945 gehenkt worden – spricht vom leidenschaftlichsten, revolutionärsten Adventslied, das je gesungen wurde. Ja, das „Magnificat“besingt eine Revolution, aber das ist im Sinne Bonhoeffers die Revolution von GANZ OBEN (nicht etwa von „UNTEN“!), die das Christkind vollbringen wird: „Er hat Macht geübt mit seinem Arme … Gewaltige hat er vom Thron gestürzt und Demütige erhöht … Hungrige hat er erfüllt mit Gütern, die Reichen lässt er leer ausgehen …“Die Revolution des Christkindes ist ein apokalyptischer Umsturz. Die von Maria prophezeite Revolution vollzieht sich ohne Hass, ohne brennende Autos, ohne Guillotine, ohne Gulag, ohne Massenmorde. Es ist die Revolution des Christkindes im Gewissen jedes Menschen …