Bausparvertrag“
„Warten ist ein sehr verletzlicher Zustand.“Friederike Gräff erkundet ein ungeliebtes Phänomen unserer Tempo-Gesellschaft.
Sie haben sieben Minuten auf meinen Anruf warten müssen. Sind Sie eine gute „Warterin“? Nein. Ich
warte ungern.
Verdammt. Entschuldigung! Keine Sorge, dieses Warten war völlig undramatisch.
Warten scheint aber grundsätzlich nie wertneutral zu sein. Entweder man kann es genießen oder man ärgert sich darüber. Warten ist nie egal.
Ja, ein teilnahmsloses, emotional völlig neutrales Warten ist sehr selten. Gerade in unserer sehr schnelllebigen Zeit erleben die meisten Menschen ein von außen auferlegtes Warten als sehr negativ. Wohl weil es im Widerspruch zu allem steht, was der moderne Mensch sich erkämpft hat: Freiheit, Gleichheit und Selbstverantwortung.
Stattdessen fühlt man sich als Wartender fremdbestimmt, klagt über gestohlene Lebenszeit. Warten scheint unserem Nützlichkeitsprinzip zu widersprechen. Passt das Warten überhaupt noch in unsere Zeit?
Es sollte. Ich bin weit davon entfernt, es zu verklären. Aber ich glaube, dass Warten auch eine Ruhe- und Auszeit bedeuten kann. Die Vorstellung, unser gesamtes Leben würde im Aktionsmodus stattfinden müssen, macht notwendigerweise unglücklich.
Sie sind für Ihr Buch vom Kreißsaal bis zum Hospiz, vom Asylwerber bis zum Strafgefangenen, von Transplantationskandidaten bis zur Partnervermittlung vielem auf der Spur gewesen. Welches Warten hat Sie am meisten beeindruckt?
Der Gesprächspartner, der mich am stärksten beeindruckt hat, war ein Mann, der sich in Sicherungsverwahrung befand, also nicht zielgerichtet warten konnte, weil es kein konkretes Entlassungsdatum gab, der andererseits aber recht dringlich darauf wartete, durch Lockerungsmaßnahmen das erste Mal wieder nach draußen zu kommen. Er hat für mich am klügsten beschrieben, dass Warten ein sehr verletzlicher Zustand ist, weil es bedeutet, dass man hofft.
Das führt zur moralischen Dimension des Wartens. Es ist ja ein Zeichen von Treue, weil es ausdrückt, dass man erwartet, dass das Erhoffte in Erfüllung geht. Das ist das Faszinierende am Warten: dass es von außen betrachtet erst einmal ein eher dröger und hausbackener Zustand ist. Gleichzeitig könnte man sagen, dass die Entscheidung, dass man wartet, etwas ziemlich Kühnes hat – weil es keinerlei Garantie dafür gibt, dass es sich lohnt. Es ist eben kein Bausparvertrag.
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