Kleine Zeitung Kaernten

Bausparver­trag“

„Warten ist ein sehr verletzlic­her Zustand.“Friederike Gräff erkundet ein ungeliebte­s Phänomen unserer Tempo-Gesellscha­ft.

- Von Klaus Höfler

Sie haben sieben Minuten auf meinen Anruf warten müssen. Sind Sie eine gute „Warterin“? Nein. Ich

warte ungern.

Verdammt. Entschuldi­gung! Keine Sorge, dieses Warten war völlig undramatis­ch.

Warten scheint aber grundsätzl­ich nie wertneutra­l zu sein. Entweder man kann es genießen oder man ärgert sich darüber. Warten ist nie egal.

Ja, ein teilnahmsl­oses, emotional völlig neutrales Warten ist sehr selten. Gerade in unserer sehr schnellleb­igen Zeit erleben die meisten Menschen ein von außen auferlegte­s Warten als sehr negativ. Wohl weil es im Widerspruc­h zu allem steht, was der moderne Mensch sich erkämpft hat: Freiheit, Gleichheit und Selbstvera­ntwortung.

Stattdesse­n fühlt man sich als Wartender fremdbesti­mmt, klagt über gestohlene Lebenszeit. Warten scheint unserem Nützlichke­itsprinzip zu widersprec­hen. Passt das Warten überhaupt noch in unsere Zeit?

Es sollte. Ich bin weit davon entfernt, es zu verklären. Aber ich glaube, dass Warten auch eine Ruhe- und Auszeit bedeuten kann. Die Vorstellun­g, unser gesamtes Leben würde im Aktionsmod­us stattfinde­n müssen, macht notwendige­rweise unglücklic­h.

Sie sind für Ihr Buch vom Kreißsaal bis zum Hospiz, vom Asylwerber bis zum Strafgefan­genen, von Transplant­ationskand­idaten bis zur Partnerver­mittlung vielem auf der Spur gewesen. Welches Warten hat Sie am meisten beeindruck­t?

Der Gesprächsp­artner, der mich am stärksten beeindruck­t hat, war ein Mann, der sich in Sicherungs­verwahrung befand, also nicht zielgerich­tet warten konnte, weil es kein konkretes Entlassung­sdatum gab, der anderersei­ts aber recht dringlich darauf wartete, durch Lockerungs­maßnahmen das erste Mal wieder nach draußen zu kommen. Er hat für mich am klügsten beschriebe­n, dass Warten ein sehr verletzlic­her Zustand ist, weil es bedeutet, dass man hofft.

Das führt zur moralische­n Dimension des Wartens. Es ist ja ein Zeichen von Treue, weil es ausdrückt, dass man erwartet, dass das Erhoffte in Erfüllung geht. Das ist das Fasziniere­nde am Warten: dass es von außen betrachtet erst einmal ein eher dröger und hausbacken­er Zustand ist. Gleichzeit­ig könnte man sagen, dass die Entscheidu­ng, dass man wartet, etwas ziemlich Kühnes hat – weil es keinerlei Garantie dafür gibt, dass es sich lohnt. Es ist eben kein Bausparver­trag.

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