Mit Genuss gegen den Schmerz
Etwa 20.000 Kärntner sind chronische Schmerzpatienten. Schmerz-Spezialist Rudolf Likar über moderne Schmerztherapie und Maßnahmen, damit es erst gar nicht so weit kommt.
Abteilungsvorstand im ZISOP (Zentrum für Interdisziplinäre Schmerztherapie und Palliativmedizin) in Klagenfurt, Prim. Univ-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc zum Thema Schmerz.
Ab wann ist man eigentlich ein Schmerzpatient? RUDOLF LIKAR: Das hängt mit der Dauer der Schmerzen zusammen und ist von der Situation abhängig. Postoperativ sind es drei Monate. Also wenn ein Patient drei Monate nach der Operation immer noch Schmerzen von der Operation hat, wird er als Schmerzpatient definiert. In Österreich haben wir rund 1,2 Millionen Operationen im Jahr. Davon entwickeln etwa zehn Prozent chronische Schmerzen.
Was kann man gegen Schmerzen tun?
Das Problem ist, dass wir in der Prävention viel zu wenig machen. Ganz wichtig dabei ist Bewegung. Unsere Gelenke und die Muskeln sind für Bewegung ausgerichtet, aber wir bewegen uns viel zu wenig. Auch ausgewogene Ernährung spielt eine große Rolle in der Prävention.
Wie funktioniert Schmerztherapie?
Wir verfolgen ein multimodales Therapiekonzept, in dem die Patienten vier Wochen lang tagesklinisch behandelt werden. Vorher gibt es umfangreiche Untersuchungen von Arzt, Schmerztherapeuten, Physiologen bis hin zum Psychotherapeuten. Das Programm umfasst Bewegungstraining, Muskelaufbau, psychologische Betreuung, Meditation, Genusstraining, Acceptance-Commitment-Therapie (ACT) und vieles mehr. Es handelt sich also um einen ganzheitlichen Ansatz.
Was ist ein Genusstraining? Und was eine ACT?
Viele Patienten müssen wieder die Freude am Genuss erlernen und damit auch die Freude, am Leben teilzunehmen. Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg einer The-
moderne
Rund 20 Prozent der Kärntnerinnen und Kärntner leiden öfters unter Schmerzen
rapie. Bei der ACT geht es darum, seine persönliche Situation zu akzeptieren und Aktionen zur Genesung zu setzen. Natürlich muss man auch die Wertigkeiten verändern. Wenn ich immer Marathon gelaufen bin und das aufgrund von Abnützungsschmerzen nicht mehr kann, kann ich auch Freude an Nordic Walking entwickeln. Aber auch das muss man lernen.
Ganz ohne Medikamente wird es aber wohl nicht gehen?
Medikamente sind eine wichtige Hilfestellung, um wieder aktiv zu werden. Bei manchen Krankheiten muss man natürlich das ganze Leben lang Schmerzmittel nehmen.
Abgesehen von diesen Krankheiten: Was tun, damit der Schmerz langfristig vergeht?
Der Betroffene muss selbst etwas ändern. Einfach beim Hausarzt eine Spritze holen, wenn der Rücken weh tut, ist zu wenig. Irgendwann muss ich den Schalter umlegen, den Lebensstil ändern und so grundsätzlich etwas gegen den Schmerz tun. Mehr Bewegung, abnehmen, spezielle Therapien aber auch Leben und Einstellung an die körperlichen Fähigkeiten anpassen. Nicht jeder 70-Jährige muss noch einen Marathon laufen.