Was macht weise Lehrer so weise?
Der öffentliche Ruf von Lehrern leidet – zu Unrecht, wie Psychologin Judith Glück findet. Sie erforscht die Weisheit der Lehrer.
Prügelei im Klassenzimmer, ein Schüler schlägt härter zu als der andere. Die Reaktion des Lehrers: Er suspendiert den Aggressor für einen Tag, sagt ihm: „Ich möchte dich heute nicht unterrichten.“„Das war eine unerwartete Reaktion, die auch den Schüler erreichte und zum Denken brachte“, erinnert sich ein Augenzeuge, dem sich besonders das besonnene Handeln seines Lehrers ins Gedächtnis gebrannt hat. Für den Berichterstatter ist das ein Beispiel für einen weisen Lehrer.
Die Psychologieprofessorin Judith Glück sammelt diese Beispiele mit großem Eifer. Sie beschäftigt sich schon seit Jahren mit Weisheit in beruflichen Kontexten, ihr aktuelles Projekt fokussiert auf den Lehrberuf. „Lehrer haben in der Bevölkerung einen ziemlich gemischten Ruf. Negative Erfahrungen stehen da vielen positiven Erlebnissen gegenüber, die von weisen Entscheidungen oder Handlungen toller Lehrer geprägt sind. Ich interessiere mich dafür, welche äußeren Bedingungen es für Lehrer schwierig machen, weise zu handeln“, sagt Glück und meint damit Schranken wie Vorschriften und Bildungsstandards.
Mit ihrer Arbeit will Glück nicht zuletzt das Lehrerbild in der Öffentlichkeit korrigieren, weil es dem, was Lehrer leisten, nicht gerecht werde. „Ich glaube, dass es im Lehrberuf ganz stark auf Weisheit ankommt. Die Rolle als Mentor und Vorbild ist schwierig zu erfüllen, da sie oft persönliche Situationen mit Eltern und Schülern umfasst. Da braucht es mehr als bloß fachliche Kompetenz.“
Ein weiterer Grund, warum sich Glücks Forschungsprojekt auf die Lehrer konzentriert, ist ihr Einfluss auf kommende Generationen: „Wir nehmen an, dass ein weiser Lehrer oder eine weise Lehrerin durch ihr Agieren positiven Einfluss auf Weisheitsforscherin Judith Glück