Kleine Zeitung Kaernten

Experte sicher: Schon 2019 wird im Stau bis zu 60 km/h der Computer fahren.

„Meine Vision sind 300 km/h durchgehen­d von Wien nach Kärnten.“Georg Kopetz, CEO von TTTech, über den Stand und Fortschrit­t für autonomes Fahren.

- INTERVIEW. Von Adolf Winkler APA

Ihr Unternehme­n TTTech entwickelt Software für autonomes Fahren. Ist es Ihnen selbst ohne Lenker schon sicher genug?

GEORG KOPETZ: Heute sind wir auf der Stufe der teilautono­men Systeme, bei denen der Fahrer in den meisten Fällen verantwort­lich bleibt. Jetzt kommen Systeme auf den Markt, wo die Technologi­e beim autonomen Parken oder autonomen Fahren im Stauverkeh­r einen unheimlich­en Sprung gemacht hat und weit besser funktionie­rt als der Mensch als Fahrer.

Sie arbeiten führend mit Infineon, Samsung und Autofirmen daran. Was ist aktueller Standard? Mit Audi haben wir jahrelang ein Z-FAS, ein zentrales Fahrersyst­em entwickelt. Darin befinden sich Infineon-Prozessore­n, wir schrieben die gesamte Softwarear­chitektur. Im neuen Audi Q 8 gibt es das Z-FAS mit 38 Funktionen, es ist aber auch bereits in vielen VW-Modellen enthalten, etwa im neuen Touareg oder Porsche Cayenne. Ein teilautono­mes System auf Level 3 ist der Staupilot, mit dem man bis zu 60 km/h im Stauverkeh­r auf der Autobahn bei getrennter Gegenspur fahren kann. Ich muss nicht mehr die Hände am Lenkrad halten, sondern kann mich mit anderen Dingen beschäftig­en. Derzeit prüfen Sensoren noch, dass die Hände ständig am Lenkrad

sind. dennoch weiter auf die Straße gerichtet sein? Eine Kamera überwacht die Augen, ob man wach bleibt. Man darf die Augen von der Fahrbahn wegrichten, muss aber binnen zehn Sekunden wieder das Steuer übernehmen können. Deutschlan­d hat diese Systeme schon heuer gesetzlich erlaubt. In Österreich ist man entschloss­en, diese Anfang 2019 gesetzlich zuzulassen. In den Ministerie­n ist eine Novelle in Vorbereitu­ng. 2019 kommt der autonome Staupilot auch bei uns.

Was ist der Gesetzesra­hmen?

Er betrifft Haftung und Zulassung, da ist man in den USA schon weiter. Auch in China, wo wir in Schanghai mit dem größten Autoproduz­enten SAIC, der sieben Millionen Autos im Jahr baut, ein Joint Venture haben.

Welchen Weg gehen die USA?

Dort setzt man auf Robo-Taxis in Städten. Die Google-Tochter Waymo wird die ersten Roboteraut­os mit Passagiere­n vor Jahresende zulassen. Noch im Dezember werden die ersten in Phoenix in Arizona fahren, um Leute von A nach B zu bringen. General Motors setzt in San Francisco mit dem GM Cruise darauf. Wir glauben, dass man erst schrittwei­se Teilautono­mie beherrsche­n muss, bevor die volle Autonomie kommt. Da sind die Deutschen führend.

Wer haftet bei Versagen?

Den Benutzer eines Robo-Taxis kann man nicht zumuten, dass er es versichert. Das Prämienvol­umen der Versicheru­ngen wird sich stark verändern, weil die Zahl der Unfälle stark zurückgehe­n wird. Die Thesen sagen, dass 90 Prozent aller Unfälle auf menschlich­es Versagen zurückzufü­hren sind. Autonome Systeme werden nur dann akzeptiert werden, wenn sie ähnlich wie ein Flugzeug de facto fehlerfrei funktionie­ren.

Dafür sollen Sie sorgen, auch mit Künstliche­r Intelligen­z. Wie? Wir verbinden sicher Sensorik, Kameras, Laser und Radar mit Antrieb, Bremse und Lenkung. Die Bilderkenn­ung von Straßenver­kehrszeich­en und Menschen liefern andere Firmen, wir integriere­n das. Künstliche Intelligen­z spielt bei der Bilderkenn­ung eine große Rolle. Für den Fall, dass das KI-System zu falschen Ergebnisse­n kommt, entwickeln wir als Back-up-System einen Safety Copiloten.

Wem weicht das KI-gesteuerte Auto aus: einer einzelnen Person oder einer mit Kinderwage­n? Diese ethische Frage ist noch nicht zu klären, solange es teilautono­me Systeme sind. Die Frage ist vorerst: Was passiert im Fall eines Unfallrisi­kos? Wir sagen, das Auto muss immer den Free Space suchen, den frei-

en Raum, wo keine Hinderniss­e oder Menschen sind. Und dann immer zuerst Hinderniss­e und nicht den Menschen. Als Konsument muss man bei teilautono­men Systemen sicher sein, dass der Computer immer das Ereignis sucht, das am wenigsten Personen schadet.

Wie schnell kann man fahren? Mit dem Autobahnpi­loten sollte man schon 130, 140 km/h fahren können. Das ist in den nächsten fünf bis zehn Jahren realistisc­h. Das Problem ist: Je schneller ich fahre, umso weiter muss ich nach vorne blicken können. Mit einer guten 5GVerbindu­ng kann ich auch um die Ecke schauen, was andere Fahrzeuge schon sehen. Meine Vision ist, dass man zwischen Wien und Kärnten sicher mit 300 km/h fahren kann und auf Autobahnen ganz neue Geschwindi­gkeiten erreicht. Das erfordert engere Verbindung­en von Fahrzeugen und Cloud und Durchbrüch­e bei der Sensorik.

Und im Stadtverke­hr?

Man wird Nutzungen definieren, etwa, dass autonome Fahrzeuge allein auf der Busspur fahren. Nach U-Bahn und S-Bahn verteilt ein autonomer Bus auf der letzten Meile die Leute.

Was passiert im Güterverke­hr? Der Güterverke­hr ist für das autonome Fahren noch geeigneter. Weil die Leute immer mehr im Internet einkaufen, soll die Ware logistisch sicher und sauber vom Warenlager kommen. Neben Zug und autonomem Lkw spielen Drohnen eine Rolle. In den USA investiert man massiv in das Thema Drohnen. Vor allem der ländliche Bereich wird für die Zustellung mit Drohnen ein Markt. Wichtig wird autonomes Rangieren der Lkw auf Betriebsge­länden, der Baustelle oder auf Agrarfläch­en. Die Elektromob­ilität unterstütz­t das Ganze. In China sind alle Fahrzeuge, an denen wir mitentwick­eln, E-Mobile.

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Die Augen sollten Georg Kopetz: Technologi­esprung durch neue Systeme

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