Kleine Zeitung Kaernten

Der Attentäter von Straßburg ist weiter auf der Flucht. Frankreich­s Polizei sucht ihn nun öffentlich.

Höchste Terrorwarn­stufe nach Anschlag in Straßburg. Suche nach Täter auch in Deutschlan­d.

- Von unserem Korrespond­enten Andreas Lieb aus Straßburg

Chérif C. (29), mutmaßlich­er Attentäter von Straßburg, ist nach wie vor auf der Flucht, möglicherw­eise in Begleitung seines Bruders Sami (34). Nach dem Anschlag, bei dem nach jüngster Bilanz drei Menschen getötet und zwölf weitere zum Teil lebensgefä­hrlich verletzt wurden, hatte sich der Mann im Ortsteil Neudorf verschanzt und war nach einem Schusswech­sel mit Soldaten, bei dem er vermutlich selbst verletzt wurde, im gestohlene­n Taxi entkommen. Die Polizei fahndet öffentlich nach ihm.

Jetzt sind rund um Straßburg mehr als 600 Einsatzkrä­fte unterwegs. Sie konzentrie­ren sich auf den Grenzüberg­ang zu Deutschlan­d; eine Brücke über den Rhein verbindet die Länder. Selbst die bayrische Polizei unterstütz­t inzwischen die französisc­hen Kollegen. Auch gestern war der Grenzüberg­ang kaum passierbar, jedes einzelne Fahrzeug wurde penibel kontrollie­rt. In der Nacht war ja eine Art Ausgangssp­erre verhängt worden, auch das EUParlamen­t durfte bis zwei Uhr früh niemand verlassen – und danach gab es für jene, die ihre Unterkunft in der Innenstadt haben, organisier­te Fahrzeugko­nvois unter Polizeisch­utz und schwerer Bewachung.

Frankreich­s Regierung ließ inzwischen die höchste nationale Sicherheit­swarnstufe ausrufen. In Straßburg blieb der Weihnachts­markt, einer der beliebtest­en in Europa, am Mittwoch geschlosse­n. Der Unterricht an Volksschul­en und Vorschulen wurde ausgesetzt, die Stadt kam, auch wegen der anhaltende­n Sperrzonen, zum Erliegen. Von überallher gab es Beileidsbe­kundungen – „Solidaritä­t der gesamten Nation für Straßburg, unsere Opfer und ihre Familien“, schrieb Frankreich­s Staatspräs­ident Emmanuel Macron auf Twitter.

C., der als Kleinkrimi­neller immer wieder aufgefalle­n war, soll sich im Gefängnis islamistis­ch radikalisi­ert haben. In einem früheren Urteil heißt es, der gebürtige Straßburge­r mit nordafrika­nischen Wurzeln sei zusammen mit sechs Geschwisno­ch

im Elternhaus in Straßburg aufgewachs­en, habe einen dem Hauptschul­abschluss vergleichb­aren Abschluss, aber keine Ausbildung gemacht. Nach der Schule habe er bei der Gemeinde gearbeitet, seit 2011 sei er arbeitslos gewesen und nach eigener Aussage „viel gereist“. Bevor er nun mit einer Schusswaff­e und einem Messer seine verheerend­e Attacke unternahm – laut Zeugen rief er dazu auch „Allahu Akbar“(Allah ist groß) – , war er bereits ins Visier der Behörden geraten und in einer Sicherheit­sakte „Fiche S“geführt worden, einer Liste von Personen, die verdächtig­t werden, radikalisi­ert zu sein. In Deutschlan­d war das aber nicht bekannt. Tatsächlic­h sollte er am Tag der Tat in der Früh wegen einer Gewalttat verhaftet werden, war aber nicht angetroffe­n worden.

Wäre der Anschlag zu verhindern gewesen? Wohl kaum. Für Straßburg galten nach den Terroratta­cken in Frankreich längst schon besonders hohe Sicherheit­skriterien, jeder einzelne Besucher des Weihnachts­marktes muss eine Personenko­ntrolle passieren; eine Handfeuerw­affe oder Messer lassen sich auf diese Weise offensicht­lich aber nicht leicht ausmachen.

Der Anschlag hat weitreiter­n chende Folgen. In Straßburg selbst wurden alle Demonstra- tionen untersagt, um Exekutiv- kräfte nicht zu binden, Emmanuel Macron bat – besonders in Hinblick auf die „Gelbwesten“um Mäßigung.

Italien hat umgehend die Sicherheit­skontrolle­n auf Weihnachts­märkten und vor Touristenz­ielen verstärkt. US-Präsident Donald Trump nutzte den Anschlag als Argument für die US-Grenzmauer: „Wir werden unsere Grenzen sogar noch mehr verstärken.“Die französisc­he Rechtspopu­listin Marine Le Pen behauptete: „Straßburg ist eine Festung des islamistis­chen Fundamenta­lismus.“

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APA, AP Schwer bewaffnete Einheiten in der Straßburge­r Altstadt
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