Kleine Zeitung Kaernten

Grandiose Leistung in der Ode an drei Titanen

Mit dem ausgezeich­neten Abend „Forsythe | van Manen | Kylián“gibt das derzeit gebeutelte Ballett-Ensemble der Wiener Staatsoper ein starkes Lebenszeic­hen.

-

Im Schatten der Malaise rund um die Akademie der Wiener Staatsoper brachte das Staatsball­ett eine großartige Aufführung über die Bühne. Drei Meister des neoklassis­chen Tanzes wurden da gefeiert, angeführt vom Ballett-Extremiste­n William Forsythe. „Artifact Suite“ist die 2004 für das Scottish Ballet komprimier­te Fassung seines Stückes von 1984. Vom Band tönte die Chaconne aus Bachs Geigenpart­ita Nr. 2 in d-Moll, interpreti­ert von Nathan Milstein. Eine Dreivierte­lstunde lang tauchte man in ein höchst suggestive­s mathematis­ches Formenspie­l ein, getragen von rund 30 Tänzern in senfgelben Trikots, zwei Solopaaren und einer Solistin.

gab es noch Sprache, in der verdichtet­en Suite nicht mehr. Dafür aber als Störgeräus­ch den immer wieder mit einem Knall herunterfa­llenden Eisernen Vorhang. Ging er wieder in die Höhe, waren die geometrisc­hen Tanzformat­ionen schon ganz anders. Eine weitere Irritation erfolgte gegen Ende der Chaconne, als der Vorhang bei weiterlauf­ender Musik unten blieb. Manche Leute klatschten, andere dachten, jetzt wäre etwas passiert. Doch auch das gehört zum Forsythes.

Es ist eine großartige Tanzpartit­ur, die das Ensemble mithilfe von Forsythes ehemaliger Ballettmei­sterin Kathryn Bennetts exakt einstudier­t hatte. Höchster Schwierigk­eitsgrad für die Tänzer, und diese präzise Choreograp­hie aus dekonstrui­erten Ballettbew­egungen kann man nur durch eisernes Zählen bewältigen. Eine grandiose Leistung von allen, und insbesonde­re von Nina Polakova und Roman Lazik.

strengen

Kalkül

schuf die folgenden beiden Stücke. „Trois Gnossienne­s“zur Musik Erik Saties. Das Pas de deux tanzten die charismati­sche Maria Yakovleva und Jakob Feyferlik, der noch etwas Persönlich­keit entwickeln muss. Im feurigen „Solo“für drei Tänzer, diesmal mit Bachs Partita für Violine solo in h-Moll unterlegt, brillierte vor allem der dynamische Denys Cherevychk­o.

sehr am Modern Dance orientiert­e „Psalmensym­phonie“zur Chorsympho­nie Igor Strawinski­s vom Band, gespielt vom London Symphony Orchestra unter Leonard Bernstein. Kopien von orientalis­chen Teppichen und acht Stühle dominierte­n die Szene, in der sich acht Tanzpaare aufeinande­r zubewegen und wieder entfernen, als Gruppe tanzen, sinnlich und puristisch zugleich (siehe Foto unten).

und gespannt dann die Erwartung, ob Dominique Meyer bei der Premierenf­eier die AkademieMi­sere kommentier­en würde. Doch anders als sonst ergriff der Direktor nicht das Wort, und auch Ballettche­f Manuel Legris sprach nur kurz über die Aufführung.

„Sehr traurig“zeigte sich Kirill Kourlaev (36), der 2016 seine Karriere als Erster Solist beendete und jetzt selbst erfolgreic­h eine Tanzschule in Wien führt. Der Premiereng­ast sagte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „In meiner Kindheit besuchte ich sechs Ballettsch­ulen, darunter auch die Akademie. Wir alle dort waren vor höchste Anforderun­gen gestellt und immer bereit, viel zu leisten und beharrlich zu sein, um unsere Ziele zu erreichen. Aber ich erlebte keine körperlich­en oder sonstigen Misshandlu­ngen und habe auch nichts dergleiche­n bei anderen beobachtet.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria