Wer das Gold hat, macht die Regel
Der Versuch erschlichener Zulassungen an USEliteunis macht weiter Schlagzeilen. Wohlhabende Eltern hatten versucht, Studienplätze für ihre Kinder zu erkaufen, durch Vortäuschung nicht vorhandener intellektueller oder sportlicher Leistungen. Es drohen Haftstrafen wegen Betrugs und Geldwäsche. Der Fall trifft die USA so hart, weil er den gesellschaftlichen Grundkonsens infrage stellt. Leistung soll sich lohnen, Aufstieg ist möglich, jeder seines Glückes Schmied.
Das liegt auch am historisch nicht vorhandenen Adel: Anstelle der Erb-Elite wurde eine akademische Elite hochgehalten. Die Aristokratie der Alten Welt weicht einer Meritokratie, der Herrschaft der Verdientesten. So weit die Theorie. In der Praxis traten bei Harvard & Co. bald Probleme auf. Schon 1920 schnitten jüdische Studenten zu gut in den Aufnahmetests ab. Flugs mussten alternative Kriterien her: „Charakter“(den hatten nur protestantische Gentlemen) und Sport. Die Welt der „Auserwählten“war wieder im Lot. Bald wurde die Sportliga der Neuengland-Privatunis, die „Ivy League“, zum Begriff für die Unis selbst. Das System wirkt bis heute, sonst würden ostasiatische Studenten zu zahlreich werden. Und nach einem Sieg der Heimmannschaft rieseln die Absolventen-Spenden. Aber sind wir denn alle käuflich?
George Bernhard Shaw zufolge ja. Er fragte eine Dame der Gesellschaft, ob sie für eine Million Pfund mit ihm schlafen würde. „Könnte sein“, meinte sie kokett. Und ob sie es denn auch für ein Pfund täte? „Wofür halten Sie mich!“Darauf Shaw: „Das haben wir bereits geklärt; wir verhandeln nur noch den Preis.“Die Ökonomik geht davon aus, dass er nicht ganz falsch lag.
D ie „goldene Regel“ist weltweit verbreitet, mehr oder weniger legal. Fraglos illegal wird es dann, wenn mit Geld und wenig Leistung Abschlüsse erkauft werden; der klassische Titelmühlen-Betrieb.
Als Zerrbild gilt Brasilien: Die öffentlichen Unis dort seien gut, gratis und der Nomenklatura vorbehalten, die privaten schlecht und teuer – für jedermann.
„Der Fall trifft die USA so hart, weil er den gesellschaftlichen Grundkonsens infrage stellt. Leistung soll sich lohnen.“
Oliver Vitouch ist Rektor der Universität Klagenfurt und stellvertretender Vorsitzender der Rektorenkonferenz