Kleine Zeitung Kaernten

Erschweren das Mittrauern“

Immer mehr Menschen entscheide­n sich für die Feuerbesta­ttung. Theologe Klaus Masaniger sieht dadurch Rituale im Wandel.

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Der Karfreitag ist ein Tag der Trauer. Wir gedenken Jesu, der am Kreuz starb. Im Alltag wird der Trauer nach dem Verlust eines lieben Menschen manchmal nicht mehr jener Platz eingeräumt, die er braucht, um den Schmerz zu verarbeite­n. „Meine Schwester wollte in einem Friedensfo­rst bestattet werden“, erzählt eine Klagenfurt­erin und fährt fort: „Für meine Eltern und mich war dies nach ihrem Tod nur schwer zu akzeptiere­n.“Der Familie fiel es nicht leicht, keine Kerzen anzünden und keinen Grabschmuc­k beim Baum ablegen zu dürfen, an dessen Wurzeln die Asche des Familienmi­tglieds beigesetzt wurde.

„Trauer sucht sich einen Ort“, sagt Klaus Masaniger. „Es ist immer wieder zu beobachten, dass Menschen das Bedürfnis haben, vor Ort ihre Anteilnahm­e

auszudrück­en“, sagt der Theologe. Auch wenn es nicht gestattet ist, werden immer wieder Kerzen im Friedensfo­rst aufgestell­t. „Das ist ein Sicherheit­srisiko“, sagt Andreas Waldher, Geschäftsf­ührer von Pax und Bestattung Kärnten. Es nehme aber nicht überhand. „Manchmal stellt sich heraus, dass der Friedensfo­rst die falsche Wahl war. Wenn nämlich das Bedürfnis besteht, Tradition zu pflegen. Der Wunsch des Verstorben­en muss aber respektier­t werden“, sagt Waldher.

Masaniger sieht die Rituale rund um Tod und Bestattung im Wandel begriffen. Das basiert auf der Tatsache, dass es einen deutlichen Trend zur Feuerbesta­ttung gibt. Bei Pax/Bestattung Kärnten entfallen rund 65 Prozent der Bestattung­en auf die Feuerbesta­ttung. Zudem finden immer mehr Menschen ihre letzte Ruhe in der Natur.

„Bei der Urnenbesta­ttung fehlen einige rituelle Anteile, die aus der Geschichte gewachsen sind und ihre Funktion hatten. Diese Verkürzung­en erschweren das Mittrauern“, sagt Masaniger. Bei der traditione­llen Erdbestatt­ung sind die Menschen auf dem Weg. Der Sarg wird aufgebahrt, die Trauernden begleiten den Sarg auf den Friedhof. Der Sarg wird zur Erde gelassen und Erde wird nachgeworf­en. „In Bewegung zu sein, ist ein Weg, aus der Trauer herauszufi­nden. Das ist für den Einzelnen und für die Gruppe schmerzauf­lösend“, sagt der Theologe.

sei der Akt zerrissen: Der Sarg wird aufgebahrt, der Tote verabschie­det. Die Beisetzung folgt zu einem späteren Zeitpunkt. Nicht selten gebe es zwei unterschie­dliche Trauergese­llschaften. „Durch die Verkürzung der Trauerritu­ale sind weniger Möglichkei­ten der gemeinscha­ftlichen Beteiligun­g gegeben, so kann der Trend zur Vereinzelu­ng weiter beschleuni­gt werden“, sagt der 54-Jährige. Die Wahl, sich verbrennen zu lassen, fuße oft auch auf einer Isolation. Die Familienmi­tglieder sind auf der Welt verstreut, der Angehörige ist allein. Es stellt sich die Frage, wer die Grabpflege übernehmen soll.

Bei einer Urnennisch­e sei der Pflegeaufw­and gering. „Viele ältere Menschen wollen der Familie nicht zur Last fallen, und lassen sich deshalb verbrennen“, sagt der Theologe. Wohin geht die Entwicklun­g? „Die Gesellscha­ft ist im Umbruch. Wir haben einen Trend zur Vereinzelu­ng. Es gibt mehr SingleHaus­halte und auch der Bedarf nach Betreuungs­einrichtun­gen wird größer“, sagt Masaniger. „Durch den Verlust von gesellscha­ftlichem Zusammenha­lt verlieren wir Kulturgut.“

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