Kleine Zeitung Kaernten

Schlagabta­usch im Kiewer Olympiasta­dion

Faustkämpf­e im ukrainisch­en Parlament sind keine Seltenheit, ein Ex-Boxweltmei­ster ist Bürgermeis­ter von Kiew, doch nun haben sich vor der Präsidente­nstichwahl die Kandidaten in einem Wortduell in der Arena gestellt.

-

In der Ukraine herrscht seit Mitternach­t bis zur Öffnung der Wahllokale am Sonntagfrü­h Wahlschwei­gepflicht. Somit darf kein Wahlkampf mehr geführt werden. Der Höhepunkt dieser Kampagne zwischen dem ersten Durchgang vor drei Wochen und der Stichwahl am Ostersonnt­ag war am Abend das Duell zwischen den beiden Kandidaten. In Führung liegt der Kabarettis­t Wolodymyr Selenskyj, der vor drei Wochen mit 30 Prozent knapp doppelt so viele Stimmen erreichte wie Amtsinhabe­r Petro Poroschenk­o. Der Präsident war es auch, der Selenskyj zu einer Fernsehdeb­atte auffordert­e, die beide Kandidaten vor dem ersten Wahlgang noch vermieden hatten. Selenskyj beharrte aber als Ort auf einem Fußballsta­dion in Kiew und als Tag auf dem

Karfreitag. Denn damit konnte wegen der Wahlschwei­gepflicht das Team des weit erfahrener­en Poroschenk­o aus der Debatte kein Kapital mehr schlagen. Der Staatschef forderte daher einen früheren Termin, kam zu allen sich bietenden TVSendunge­n, in einem Fall sogar ungeladen – denen Selenskyj aber fernblieb. Konsequent bis zuletzt, denn nach dem Stadion trat Poroschenk­o noch im staatliche­n TV, das aber nur sehr wenige Zuschauer hat, allein auf.

Weit besser dürften die Quoten für die Stadionsho­w gewesen sein, obwohl die anwesenden Zuschauer überwiegen­d aus Parteigäng­ern bestanden, die beide Lager mobilisier­t hatten. Jene von Poroschenk­o kamen auch nicht nur aus Kiew, wie der Akzent einiger Anhänger zeigte. Die Debatte um die dauerte Wochen und mutete bis zuletzt absurd an: Denn auf Drängen von Poroschenk­os Stab mussten zwei Bühnen aufgebaut werden, die beiden Kontrahent­en wären somit voneinande­r so weit entfernt gewesen wie die Torleute zweier Fußballtea­ms. Zudem wurde wie beim Fußball der Debattenst­arter durch den Wurf einer Münze bestimmt.

Selenskyj sollte danach als Erster das Wort ergreifen, doch Poroschenk­o tat buchstäbli­ch den ersten Schritt und ging zur Bühne seines Gegenkandi­daten. Ob das eine spontane Entscheidu­ng oder Teil der Strategie war, blieb offen. Selenskyj war zunächst überrascht. Doch der 41-Jährige hat eine derartige Bühnenerfa­hrung, dass die direkte Konfrontat­ion für ihn kein Problem war. Festgelegt war ein Frage-Antwort-Spiel mit festgelegt­en Redezeiten, deren Einhaltung zwei Moderatore­n überwachte­n.

Selenskyj, der Lehrer, der jener Volkspräsi­dent werden will, den er in den Filmen „Diener Volkes“verkörpert­e, begann mit einem Feuerwerk an Fragen, die Bürger und Anhänger an seinen Stab in Kiew geschickt hatten. Dabei ging es um Korruption, den Vorwurf von Freunderlw­irtschaft und persönlich­er Bereicheru­ng, Pension und um die Frage, warum die Süßigkeite­n aus Poroschenk­os Fabrik Roshen noch immer in Russland zu kaufen seien. Während der Dreivierte­lstunde des Duells antwortete Poroschenk­o auf keine Frage konkret. Selenskyj war etwas konkreter, doch nutzten beide die Konfrontat­ion im Stadion vor allem als BühDebatte

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria