Mit Wadenkraft vom Meer an die Mur
387 Kilometer legten 20 Gradeser von ihrer Heimatstadt nach Graz zurück. Voller Körpereinsatz für einen durchgehenden Radweg, den es noch nicht gibt. Die Tour lohnt sich dennoch.
Fest im Sattel, zwei Räder und ein Ziel. Weite Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen, steht bei Sportbegeisterten hoch im Kurs. Viele behaupten, es habe etwas Meditatives, etwas von Abschalten und: davon, endlich einmal mit den Gedanken nur bei sich zu sein.
Diese Erfahrung kann eine Gruppe von 20 Gradeser Radlern nur bestätigen. Kürzlich sind sie von ihrer Heimatstadt bis nach Graz geradelt – mit einer Vision im Hinterkopf. „Wir wollen den Samen für einen Radweg säen, der entlang der Ferrovia Meridionale verlaufen soll“, erzählt Sportstadtrat und Vizebürgermeister Matteo Polo. Dafür warf sich der Politiker selbst aufs Velo und trat auf der „Grado–Graz Bike Tour“kräftig in die Pedale. Das nennt man vollen Körpereinsatz. Die Route verfolgt dabei die antiken
Eisenbahnschienen der Ferrovia Meridionale, die Triest mit Wien verknüpfte und die durch drei Länder verläuft.
Eine Strecke, die sowohl landschaftlich als auch kulturell zahlreiche Stückerl spielt: von der facettenreichen Küstenlandschaft Grados über die Ebenen im Save- und Savinja-Tal mit der wunderschönen Hauptstadt Ljubljana bis hin zum atemberaubenden Höhenpanorama in der slowenischen Sˇtajerska, um schließlich entlang der Mur ins Grazer Becken und in die steirische Landeshauptstadt zu gelangen.
Für die Unternehmung, die einer von vielen Versuchen ist, vermehrt sanften und nachhaltigen Tourismus nach Grado zu bringen, hat die Gruppe die Strecke von rund 400 Kilometern in fünf Etappen geteilt: von Grado nach Postojna, weiter nach Ljubljana über Laˇsko und Maribor nach Graz.
Auch wenn die Zentren nach der Idylle in der Peripherie zunächst chaotisch und überladen wirken, so werden die Biker stets mit wunderschönen Altstädten und wohliger Gastfreundschaft entschädigt. Vor allem in Maribor und Ljubljana wird der Tourist immer mit einem großen Angebot an altem Baubestand und kulinarischen Köstlichkeiten empfangen.
Auf dem Weg durch die verschiedensten Vegetations- und Wegformen (sowohl über schön asphaltierte Radwege als auch über Schotter- und Landstraßen) haben die wackeren Pedalritter den Beweis angeradelt, dass diese Strecke für jedermann machbar ist. Und tat
sächlich: Auch für die weniger Trainierten unter ihnen waren die exakt 387 Kilometer und 3000 Meter Höhenunterschied eine bewältigbare Aufgabe.
Begleitet wurde das Team dabei allerdings von erfahrenen Guides – unter ihnen auch ExStraßenrennweltmeister Moreno Argentin. Er lotste die Gruppe nicht nur entlang der alten Eisenbahnstrecke, sondern auch über so manchen offiziellen europäischen Radweg, wie etwa die „Ciclovia del Mediterraneo“(EuroVelo 8) in Italien, die „Ciclovia dell’Ambra“(EuroVelo 9) in Slowenien und den Murradweg (R2) in Österreich.
Die Guides empfehlen eine gute Vorbereitung, etwas Erfahrung in Sachen LangstreckenRadfahren und technisches Know-how. „Außerdem“, so Argentin, „würde ich empfehlen, die Strecke in sieben Etappen zu teilen. So können die Radler Kultur und Natur entlang der Strecke besser genießen.“Besonders, wie er hinzufügt, die slowenischen und steirischen Weine. Schließlich muss man auf so ein Abenteuer auch einmal anstoßen.