Auch unter Kern wurde im Kanzleramt geschreddert
ÖVP wirft der SPÖ Doppelmoral vor. Ex-Kanzler Kern verteidigt sich, dass keine Speicherplatten extern vernichtet worden sind.
Überraschende Facette in der Schredder-Affäre: Die „Kronenzeitung“veröffentlichte gestern Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass auch in der Ära von Bundeskanzler
Christian Kern Fest- und Speicherplatten geschreddert worden sind. Sieben Platten aus den Büros von Kern, dem damaligen Kanzleramtsminister
Thomas Drozda und Staatssekretärin Muna Duzdar wurden am 1. Dezember 2017, also zweieinhalb Wochen vor der Angelobung der neuen Regierung, vernichtet.
D as ist insofern überrascht, weil Kern am letzten Freitag noch in einem langen Facebook-Eintrag seinen Nachfolger Sebastian Kurz massiv attackiert hatte, weil dieser gemeint hatte, das Vernichten von Speicherplatten sei das übliche Prozedere im Umfeld eines Amtswechsels: „Du unterstellst mir“, schreibt Kern, „ich oder meine Mitarbeiter hätten im
Dezember 2017 (...) ebenfalls Festplatten des Bundeskanzleramtes geschreddert (...). Ein Schreddern von Festplatten fand nicht statt, die IT-Abteilung des Bundeskanzleramts hat vielmehr entsprechend der IT-Richtlinie benutzte Festplatten gelöscht und gebrauchte und zurückgegebene Geräte auf Werkseinstellungen zurückgesetzt.“
G estern musste Kern einräumen: „Ich hatte bis zum heutigen Morgen keine Kenntnis, dass Festplatten des Kanzleramtes aus meiner Amtszeit zerstört worden seien.“Dieser Vorgang sei allerdings nicht von ihm veranlasst worden, sondern von Beamten, die auf Basis der „anwendbaren Rechtsvorschriften“agiert hätten. Der ehemalige SPÖ-Kanzler unterstreicht nachdrücklich, dass im Unterschied zu seinem Nachfolger keiner seiner Mitarbeiter Platten extern geschreddert habe.
D ie ÖVP sparte wiederum nicht mit Kritik an der SPÖ: „Es ist unglaublich, mit welcher Doppelmoral Kern und die gesamte SPÖ hier agieren“, so ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer: „Wie sich jetzt herausstellt, schredderte auch die SPÖ, und das sogar im größeren Stil.“Kurz habe von der SPÖ noch massive Kritik geerntet, weil er die Vernichtung der Druckerfestplatten als „normalen Vorgang“bezeichnet habe. „Spätestens seit heute“sei klar, dass das nicht „außergewöhnlich“sei.