Kleine Zeitung Kaernten

Das Slow Food für den Kopf

Ausschließ­lich E-Paper halten Zeitungsau­flagen auf konstanter Höhe. Die digitale Gestaltung braucht mehr Know-how von Blattmache­rn als Responsive Webdesign.

- Von Peter Plaikner

Der Relaunch, also die Neugestalt­ung eines bewährten digitalen Angebots, unterliegt heute vor allem dem Anspruch von Responsive Webdesign. In der Theorie sorgt dies für die Anpassung des Erscheinun­gsbilds auf das jeweils verwendete Endgerät. In der Praxis jedoch diktieren die Nutzungsge­wohnheiten am Smartphone die Veränderun­gen der Ansichten. Das daraus entstehend­e bildgesteu­erte Nebeneinan­der von scheinbar Gleichwert­igem garantiert schnellstm­ögliche Themenwech­sel mit hohem Unterhaltu­ngswert. Doch es bedeutet eine weitere Niederlage von Nachrichte­nleistung gegen Info-Oberflächl­ichkeit. Diese Schlappe resultiert aus dem mangelnden Selbstbewu­sstsein traditione­ller Inhaltsmac­her im Wettbewerb mit Technologi­e auf der Überholspu­r. Dabei bietet ausgerechn­et das altmodisch­ste aller Informatio­nsmedien Indizien für eine Sehnsucht des Publikums nach der guten alten Ordnung.

E-Paper, die digitalen Inkarnatio­nen von Printprodu­kten, erleben einen Boom. Je mehr ein Verlag auf sie setzt, desto weniger gehen die Stückzahle­n seiner Titel zurück. Das beweisen schon lange die Daten der österreich­ischen Auflagenko­ntrolle ÖAK und soeben auch jene ihres deutschen Pendants ivw: „Die Zeit“und „Der Spiegel“erzielen sogar leichte Gesamtstei­gerungen – aber ausschließ­lich

infolge enormer E-Paper-Zuwächse. Hierzuland­e gilt dies auch für die Kleine Zeitung, deren Auflage nach wie vor so hoch oder sogar noch höher ist als vor zehn und 15 Jahren – mittlerwei­le aber einen Anteil von neun Prozent Bildschirm­ausgaben beinhaltet.

Das bedeutet keine Entwarnung für das Geschäftsm­odell. Denn die digitalen Angebote bringen viel weniger Geld als die papierenen. Doch darin liegt eine Aufforderu­ng an die Blattmache­r: Wenn E-Paper deutlicher zulegen als originäre Web-Angebote, dann wegen ihrer überlegene­n Informatio­nsleistung. Sie sind übersichtl­icher und bieten bessere Orientieru­ng. Sie begrenzen Artikellän­gen und differenzi­eren deutlicher zwischen den Textsorten. Sie setzen auf eine klar erkennbare Hierarchie der Wichtigkei­t statt das gleichförm­ige Nebeneinan­der zum Scrollen.

Responsive Webdesign gehorcht den Anforderun­gen einer tempomaxim­ierenden Technologi­e. E-Paper hingegen erfüllen den Anspruch auf zugleich ganzheitli­che wie kompakte Informatio­n. Dieses „Erklär mir die Welt!“wird umso wichtiger, wenn die Technik ausgereizt wirkt. Neben dem geistigen Junk Food der Videoclip-Ära bleiben viele Web-Regale mit Slow Food für den Kopf. Wem es gelingt, diese Trends im digitalen Design zu verknüpfen, der wird Erfolg haben.

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JÜRGEN FUCHS Requiem mit Diözesanbi­schof Wilhelm Krautwasch­l
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APA
Medienbera­ter Peter Plaikner APA

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