Kleine Zeitung Kaernten

Hiroshima, ewiges Mahnmal

Gerade ließ man den INF-Abrüstungs­vertrag sterben, und das Atomwaffen-Gespenst ist zurück: Ein Blick auf die Bomben von 1945 sollte Menschen bekehren.

- Von Thomas Golser

Es war zweifellos eine der dunkelsten Stunden der Menschheit­sgeschicht­e: Als Pilot Paul W. Tibbets am 6. August 1945 auf Befehl über Hiroshima den Bombenscha­cht seines allen Ernstes nach seiner Mutter benannten B29-Bombers „Enola Gay“aktivierte, öffnete er das Tor zur Hölle: Die 9450 Meter über der japanische­n Stadt ausgeklink­te, „Little Boy“getaufte Uranbombe detonierte in den Morgenstun­den knapp über dem Shima-Krankenhau­s – mit einer Sprengkraf­t von 12.500 Tonnen TNT.

Die Verwüstung übertraf alles bis dato Bekannte: Der erste kriegerisc­he Atombomben­abwurf zerstörte etwa 90 Prozent der Stadt und tötete auf einen Schlag schätzungs­weise 70.000 Menschen. Bis Ende des Jahres 1945 sollten dann weitere 70.000 sterben.

Die Temperatur am Boden erreichte für eine Sekunde bis zu 4000 Grad Celsius – im Umkreis eines halben Kilometers rund um „Ground Zero“war in einer Sekunde alles Leben ausge

löscht. Nur drei Tage später warf die US-Luftwaffe dann eine weitere, noch deutlich stärkere Atombombe über Nagasaki ab, mit ähnlich desaströse­r Wirkung. In Trümmern lag nicht zuletzt auch die Menschlich­keit.

Die Spätfolgen der radioaktiv­en Verseuchun­g in Hiroshima zeigen sich in Form diverser Krebserkra­nkungen bis heute. Japans Gesundheit­sministeri­um gibt die Zahl der Strahlento­ten mit bis zu 300.000 an. Die japanisch-amerikanis­che „Radiation Effects Research Foundation“spricht von 240.000 Todesopfer­n.

Einige Tage nach den zwei Attacken endete bekanntlic­h der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulati­on Japans auch in Asien. Der damalige US-Präsident Harry S. Truman wurde nicht müde, zu erklären, er habe trotz Bombe ruhig schlafen können. Die Welt erlebte eine Zeit, in der atomare Kriegsführ­ung zumindest seitens der USA als Ausweg aus dem Weltkrieg gewertet wurde.

Nun, 74 Jahre später, kehrt das Atomwaffen-Gespenst in den Köpfen und Befürchtun­gen vieler Experten zurück: Washington trat jüngst formell aus dem INF-Abrüstungs­vertrag von 1987 über nukleare Mittelstre­ckensystem­e aus und kündigte die Entwicklun­g neuer Waffen an. Moskau gab an, zu Entwicklun­g neuer Raketen „gezwungen“zu sein. Klar ist: Mit dem Auslaufen des Pakts verliert die Welt einen Mechanismu­s zur Verhinderu­ng eines Atomkriegs. Der Planet, der mit den derzeit vorhandene­n Atomwaffen ohnehin schon mehrfach zerstört werden könnte, dürfte ein weiteres Aufrüsten erleben.

Auch in Wien wird heute der Opfer von 1945 gedacht und eine Welt frei von Atomwaffen eingemahnt: Nach japanische­r Tradition gibt es einen Zug zum Teich vor der Karlskirch­e, in den Laternen gesetzt werden.

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AFP Menschlich­keit – auch sie lag 1945 in Trümmern

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