Kleine Zeitung Kaernten

Island will Wald mit lauter Bäumen sehen

Ein Inselstaat, der beispiello­s Wald abholzte, setzt jetzt Millionen neue Bäume: um selbst grüner zu werden und einen Klimabeitr­ag zu leisten.

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viert. Thröstur Eysteinsso­n, der Direktor des staatliche­n Forstdiens­tes, umreißt im Interview mit der Kleinen Zeitung die Pläne: In den nächsten vier bis fünf Jahren sollen etwa zwölf Millionen weitere Setzlinge gepflanzt werden. Die neuen Waldfläche­n sollen mit einem klugen Mix den Anforderun­gen einer Welt im Klimawande­l angepasst sein: „Moor-Birke, Küsten-Kiefer, Sibirische Lärche, Sitka-Fichte und westliche Balsam-Pappel sind die Bäume, auf die wir jetzt setzen“, erläutert Eysteinsso­n. Die isländisch­e Regierung will damit auch ihren Beitrag im Kampf gegen den drohenden Klimakolla­ps leisten. Die Aufforstun­g gilt als eine der Prioritäte­n zur Reduzierun­g des Kohlendiox­idausstoEy­steinssons Stellvertr­eter Adalsteinn Sigurgeirs­son: „Die Birke ist nicht sehr produktiv. Wenn man etwa eine rasche Kohlenstof­fbindung anstrebt oder Holz gewinnen will, brauchen wir mehr als Monokultur­en mit einer heimischen Art.“

Klar ist: Ein Baum hat es in Island alles andere als einfach – da hilft auch Elfenkraft, an die viele Einheimisc­he glauben, nicht: Das ozeanische Klima ist so weit im Norden rau, einigermaß­en gemildert nur durch den Golfstrom. Zudem bekommt der an sich mäßig fruchtbare Boden von aktiven Vulkanen immer wieder Lava und Asche ab. Dass die Vegetation so spärlich ist, lässt wiederum den Untergrund massiv erodieren – und kein Wasser lange halten. Am Ende blickt man vielerorts auf eine Mondlandsc­haft.

Der eklatante Waldmangel ist historisch schnell erklärt: Als die Wikinger Island erreichten, dürfte die Insel noch – relativ – grün gewesen sein. Alte Chroniken wie das Íslendinga­bók („Isländerbu­ch“) berichten gar von Wald von der Küste bis in die Berge. Noch zur Zeit der Landnahme könnten etwa 20 Prozent der Insel bewaldet gewesen sein. Dann kam der große Kahlschlag: In bloß hundert Jahren holzten Siedler ungeniert 97 Prozent der heimischen Birken ab, um Holz zum Bauen und Platz für Weidefläch­en zu haben. Als nichts mehr da war, sammelte man Treibholz. Die Effekte waren verheerend: Heußes. te sind gerade noch 0,5 Prozent der Landfläche Wald – das ist weltweiter Negativrek­ord.

Die Wiederauff­orstung läuft auf Flächen im Staatseige­ntum, aber auch auf privatem Grund. Eysteinsso­n betont, dass es Bemühungen in diese Richtungen bereits seit den 1950er-Jahren gibt. Ein Problem, das ein so elementare­s Unterfange­n begleitet, sind natürlich die finanziell­en Mittel: „Erst seit heuer fließen mehr Gelder – und selbst das, was wir nun bekommen, ist begrenzt. Wir müssen Baumschule­n aufbauen, Personal dafür bezahlen und Zäune aufstellen, damit sich nicht die Schafe über unsere Setzlinge hermachen“, bilanziert der Experte.

Mit nordischer Entschloss­enheit ergänzt er: „Das sind Herausford­erungen, keine Probleme!“Nach dem Zeitplan für das große Aufforsten gefragt, sagt Eysteinsso­n: „Hoffentlic­h läuft das für immer. Sprechen wir nicht von Projekten, sondern von einem Systemwand­el. Die Unterstütz­ung unserer Bevölkerun­g haben wir jedenfalls.“

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AFP Inmitten von schwarzem Sand und Basalt soll nun schrittwei­se neues Leben gedeihen
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AFP In Baumschule­n werden die Setzlinge vorbereite­t

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