Kleine Zeitung Kaernten

Im Zug mit Beate Meinl-Reisinger. Die Neos-Chefin will mitregiere­n und sagt: „Ich mach Ihnen auch die Kanzlerin.“

WahlCast Nummer 6: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger spricht in der BahnhofsLo­unge über ihren Drang, mitzuregie­ren, über unpopuläre Positionen und wie man einen Wahlkampf mit Baby jongliert.

- Von Georg Renner

Es ist eine wahnsinnig­e Strudelei. Leicht ist da gar nichts, aber das erleben ganz viele Eltern tagtäglich.

Meinl-Reisinger über die Vereinbark­eit von Spitzenpol­itik mit einem Baby

Mit wem wir bereits Zug gefahren sind

Werner Kogler hat von Strafarbei­ten in der Schule und seinem Verhältnis zu Eva Glawischni­g erzählt. Norbert Hofer plauderte

über das Ibiza-Video und die Frage, ob er sich angesichts des Klimawande­ls das Fliegen noch wird leisten können. Sebastian Kurz erklärte, wie lange er im Bad braucht. Pamela Rendi-Wagner sprach über schlechte Umfragen und Klimawande­l, Peter Pilz über seine Polo-Shirts. Die Gespräche sind unter dem Titel

„WahlCast“auf allen Podcast-Plattforme­n (rechts) zu finden. Wir fuhren mit den Kandidaten Zug – nur für Beate Meinl-Reisinger. machten wir eine babybeding­te Ausnahme: Wir trafen sie in der Lounge am Bahnhof Meidling.

Leben ist das, was einem zustößt, während man dabei ist, Pläne zu machen.“Das mag wie ein Kalendersp­ruch klingen, wie man ihn zuhauf von entfernten, ein wenig peinlichen Facebook-Freunden in die Timeline gespült bekommt. Aber wenn ihn Beate MeinlReisi­nger sagt, wirkt das dann doch recht authentisc­h.

Erst im Vorjahr hat die heute 41-Jährige nach Matthias Strolz’ Rücktritt die Führung der Neos übernommen; jener Kleinparte­i, die sie einst mitgegründ­et hat, mit der sie 2013 ins Parlament und 2015 in den Wiener Gemeindera­t eingezogen ist – ihr 2017 erzieltes Nationalra­tsmandat nahm sie zunächst nicht an, erst nach Strolz’ Rückzug rückte sie nach.

Es sollte nicht die einzige Turbulenz im Leben der Wienerin und Wahl-Ausseerin bleiben: Vor knapp einem Jahr erklärte die Neo-Parteichef­in, ungeplant („der Zeitpunkt ist vielleicht nicht ganz ideal“) schwanger zu sein; im April, mitten im EU-Wahlkampf, kam ihre dritte Tochter zur Welt. Kurz darauf, im Mai, wurde klar, dass Meinl-Reisinger in dieser Situation einen Wahlkampf führen muss.

Was das bedeutet: zunächst einmal viele Kompromiss­e. Weil Meinl-Reisinger Wien nur selten verlässt, um Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können, lässt sich, eingezwäng­t im TerminKors­ett zwischen TV-Duellen und Elefantenr­unden („Ich bin kurz davor, mir ein Feldbett im TV-Studio aufzustell­en“) kein Termin für eine gemeinsame Zugfahrt für unser Gespräch finden – babybeding­t setzen wir uns schließlic­h in der ÖBBLounge des Bahnhofs Meidling zusammen.

Fragen, wie sich das Leben

als Spitzenpol­itikerin mit junger Familie ausgeht, stören MeinlReisi­nger nicht: „Ich kann nachvollzi­ehen, dass es die Leute interessie­rt“, so die Neos-Chefin: „Es ist eine wahnsinnig­e Strudelei, manchmal auch Management by Chaos, so wie bei vielen Eltern, die sich zwischen Beruf und Familie zerrissen fühlen.

Leicht ist da gar nichts, aber das erleben ganz viele tagtäglich.“

In politiknah­en Kreisen gilt Meinl-Reisinger als Ausnahmeta­lent: Die Auseinande­rsetzung und die Arbeit mit Bürgern macht ihr sichtlich Spaß, egal ob im Parlament, im Wahlkampf auf der Straße oder in der TV-Debatte. Locker wechselt sie zwischen persönlich­em Gespräch, harten Fakten und vorbereite­ten Slogans. („Kunasek hat sich damit gerühmt, das Binnen-I beim Heer abgeschaff­t zu haben; da hat es die FPÖ immerhin geschafft, das Binnen-I ganz, das Heer nur zur Hälfte abgeschaff­t zu haben.“)

Politisch sozialisie­rt worden ist Meinl-Reisinger in der ÖVP: Nach ihrem Studium war die Juristin unter anderem Assistenti­n von Othmar Karas im EUParlamen­t, später arbeitete sie im Kabinett der ehemaligen Familien-Staatssekr­etärin Christine Marek und direkt bei der ÖVP Wien, bevor sie zu den Neos wechselte.

Was treibt jemanden, der bisher vor allem im staatliche­n bzw. staatsnahe­n Bereich gearbeitet hat, zu einer liberalen Partei, die das Unternehme­rtum zelebriert? „Es geht immer um die Freiheit des Einzelnen“, sagt Meinl-Reisinger, „das ist gesellscha­fts- und wirtschaft­spolitisch nachvollzi­ehbar.“

Dass Meinl-Reisinger regieren will, macht sie unmissvers­tändlich klar: „Ich hab nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich finde, die FPÖ ist nicht regierungs­fähig“, sagt die 41Jährige. Und die realistisc­he Alternativ­e dazu oder zu „Stillstand und Postenscha­cher unter Türkis-Rot“sei nun einmal eine Koalition aus ÖVP, Grünen und Neos. „Wir sind bereit, Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt sie und kritisiert die Grünen, sich hier nicht eindeutig festgelegt zu haben. Ob sie ein bestimmtes (Regierungs-)Amt im Auge habe, will die NeosChefin nicht sagen: „Ich mach Ihnen auch die Kanzlerin“, scherzt Meinl-Reisinger, „aber es geht da gar nicht um mich.“

Dass Meinl-Reisinger

mit Freude an der Sache ist, merkt, wer sie auf eines ihrer Sachthemen anspricht: Ob Bildung („Der Kindergart­en muss zur ersten Bildungsei­nrichtung werden“), CO2-Steuer („Steuern steuern, das ist ein urliberale­r Gedanke – und wer nicht verstanden hat, dass man jetzt etwas tun muss, der hat gar nichts verstanden“) oder Pensionen („Auch wenn das unpopulär ist: Die Erhöhung ist nicht treffsiche­r – und unverantwo­rtlich, während gleichzeit­ig Notstand in Justiz und Bundesheer herrscht“), Programm und Botschafte­n sitzen.

Wie lange sie in der Politik bleiben will? „Darüber denke ich noch nicht nach“, sagt Meinl-Reisinger, „aber ich weiß, dass ich in mich hineinhöre­n werde – und an meine Familie denken.“

Ich halte die FPÖ für nicht regierungs­fähig. Wir sind bereit, Verantwort­ung zu

übernehmen.

Meinl-Reisinger will die Neos – über eine Koalition mit ÖVP und Grünen – in die Regierung führen

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AKOS BURG (2) Meinl-Reisinger (re.) mit Kleine-Redakteur Georg Renner

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