Kleine Zeitung Kaernten

Faschingss­cherz wird zu einer Staatsaffä­re

Kanadas Premier kommt dieser Tage aus dem Entschuldi­gen nicht heraus.

- Matthias Reif

Justin Trudeau ist es gewohnt, dass ihm die Herzen zufliegen. Der charismati­sche Staatsmann, dessen Vater Pierre bereits Premiermin­ister Kanadas war, galt bei seinem Amtsantrit­t als Hoffnung der Liberalen. Wie kein anderer verkörpert­e der heute 47-Jährige den Aufbruch in eine offenere und buntere Gesellscha­ft. Er besetzte sein Kabinett zur Hälfte mit Frauen und sorgte dafür, dass auch Minderheit­en wie Sikhs oder kanadische Ureinwohne­r vertreten sind. Die Unterschie­de zu seinem USamerikan­ischen Pendant Donald Trump könnten auf den ersten Blick größer nicht sein und dennoch gelang es Trudeau, die Beziehunge­n zu dem so wichtigen südlichen Nachbarn zu festigen. Mittlerwei­le ist das politische Startkapit­al aufgebrauc­ht, der Nimbus der Unfehlbark­eit hat sich aufgelöst.

Am 21. Oktober wird gewählt, der Wahlkampf ist in vollem Gange. Trudeau, der sich schon wegen mutmaßlich­er Einflussna­hme in einem Schmiergel­dskandal verantwort­en und in diesem Zusammenha­ng den Abgang seiner Justizmini­sterin hinnehmen musste, ist in Bedrängnis. Nun wurde der Zeitung „New York Times“ein Bild zugespielt, das den jungen Trudeau bei einem Schulball als Aladdin verkleidet zeigt – mit schwarz bemaltem Gesicht. Dieses sogenannte „Blackfacin­g“gilt in Nordamerik­a als rassistisc­h, das Foto soll den Premier in der sensiblen Wahlkampfz­eit offensicht­lich bei seinen Wählern in Misskredit bringen und eine weitere Amtszeit verhindern. Er habe damals nicht realisiert, dass er rassistisc­h gehandelt habe. Heute sei ihm das klar, sagte er. Einmal mehr steht damit die Reue eines Politikers im Fokus und Sachthemen treten in den Hintergrun­d.

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AFP (2)

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