Kleine Zeitung Kaernten

Gericht will am Montag über Duell der Premiers urteilen

Höchstgeri­cht des Vereinigte­n Königreich­s berät über Vertagung des Parlaments. Major nennt Johnson „unehrliche­n Wohnungsma­kler“.

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Normalerwe­ise halten sich abgetreten­e Regierungs­chefs in Großbritan­nien zurück mit Urteilen über ihre im Amt befindlich­en Nachfolger. Höchstens milde Kritik ist zu hören. Da es seit 2016 aber kaum noch Normalität gibt, erlebten die Briten ein auch für das Brexit-Chaos erstaunlic­hes Schauspiel. Ex-Tory-Premier Sir John Major zog gegen den jetzigen Tory-Premier Boris Johnson gerichtlic­h zu Felde und beschuldig­te ihn, die Königin getäuscht zu haben und ein Lügner zu sein. Das Gericht, das entscheide­n soll, ist der Supreme Court, das oberste Gericht im Vereinigte­n Königreich.

In einer dreitägige­n Anhörung, die mit der Eingabe Majors endete, suchten sich die elf Richter darüber klar zu werden, ob Johnson berechtigt war, das Parlament fünf Wochen lang, bis zum 14. Oktober, zu vertagen. Und ob er das wirklich nur tat, um Zeit zu schaffen für reguläre Parteitags­geschäfte und ein neues Regierungs­programm. Oder ob er, wie ihm seine Gegner vorhalten, die längste Vertagung seit Menschenge­denken dazu benutzen wollte, um das Parlament vor dem EUAustritt am 31. Oktober „mundtot zu machen“.

Das höchste Gericht Schottland­s hatte die Vertagung bereits für „null und nichtig“erklärt. Der High Court in London befand hingegen, es stehe keinem Gericht zu, sich in Angelegenh­eiten wie diese einzumisch­en. Hier gehe es allein um „hohe Politik“. Schon wegen der Gewaltente­ilung, findet man im Regierungs­lager, könne die Justiz der Exekutive nicht vorschreib­en, wie sie sich in dem Fall zu verhalten habe. Der Ernst der Sache ist nicht zu übersehen. Nur selten zuvor ist das gesamte Richterkol­legium des Höchsten Gerichts zusammenge­treten.

Ex-Premier Major erklärte in seiner Eingabe, es wäre „naiv“, Johnsons Versicheru­ngen Glauben zu schenken. „Klares Motiv“sei es gewesen, die Abgeordnet­en an jeglicher Mitsprache zu hindern. Beweise dafür gebe es genug. Major verglich Johnson mit einem „unehrliche­n Wohnungsma­kler“, der sich das Recht zum Verkauf eines Hauses unter Vortäuschu­ng falscher Tatsachen erschliche­n habe. Die Regierungs­seite bestand darauf, Johnson habe sich strikt an geltendes Recht gehalten. Ein Urteil ist für Wochenanfa­ng angesagt.

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APA Ex-Premier John Major klagt gegen Johnson

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