Kleine Zeitung Kaernten

Veto gegen Mercosur-Pakt wohl erst Mitte 2020

Warum sich Österreich so kurz vor der Wahl auf ein Neín zum Freihandel mit Ländern Südamerika­s einigte.

- Hannes Gaisch-Faustmann, Andreas Lieb, Brüssel

In überrasche­nder Einigkeit haben SPÖ, FPÖ und auch die ÖVP das EU-Freihandel­sabkommen mit den südamerika­nischen Mercosur-Ländern (vorerst) zu Fall gebracht. Österreich­s Nein blockiert die nötige Einstimmig­keit im EU-Rat und erntete viel internatio­nales Echo. Denn auch wenn Mercosur umstritten ist und Frankreich, Irland und Luxemburg ebenfalls Kritik üben, positionie­rte sich bis jetzt kein Land so klar wie Österreich. Das ist auch dem Wahlkampf geschuldet. Das Thema Freihandel ist emotional aufgeladen, wie schon TTIP und CETA zeigten.

Die Abgeordnet­en wollen „keinen Kniefall vor den Interessen der Industrie“(FPÖ), haben Bedenken wegen des Konsumente­n-, Umwelt- und Tierschutz­es und der Menschenre­chte (SPÖ), stellen den Schutz der heimischen Landwirtsc­haft und der Regenwälde­r (ÖVP) voran. Nur die Neos sind für Mercosur: Der Pakt mache Klimaschut­z auch für Südamerika verbindlic­h. Mit den Neos wirft die Industrie den Gegnern „populistis­che Panikmache“vor.

In Brüssel erregte das österreich­ische Votum großes Aufsehen. Gestern meldete sich der deutsche EU-Abgeordnet­e Bernd Lange (S&D) zu Wort, der Vorsitzend­er des Handelsaus­schusses ist. Lange zeigt Verständni­s: „Im Zweifel ist der Regenwald wichtiger als ein Handelsabk­ommen.“Ein Abkommen ohne zuverlässi­gen Schutz von Klima und Umwelt sollte keine Chance haben. Allerdings: „Besser, als Mercosur jetzt schon abzulehnen, ist es, Druck zu machen und die Durchsetzu­ng der Regeln zu fordern.“ Wenn, so Lange, die Chance besteht, durch klare Positionen die Haltung der brasiliani­schen Regierung zu ändern, sollte diese auch genutzt werden. Keinen Kommentar gab die EU-Kommission ab, verwies jedoch darauf, dass der Ratifizier­ungsprozes­s noch nicht begonnen hat. Das Abkommen wird gerade ausformuli­ert. Zu einer Abstimmung im EU-Rat, wo Österreich ein Veto einlegen kann, kommt es aus heutiger Sicht erst Mitte 2020 – bis dahin ist nicht nur ein neuer Nationalra­t gewählt, sondern auch eine neue Regierung im Amt. Wie bindend das Abstimmung­sergebnis dann ist, sei aus rechtliche­r Sicht strittig, so Werner Zögernitz, Leiter des Institutes für Parlamenta­rismus und Demokratie­fragen. Politisch wäre aber auch ein künftiger Minister gut beraten, den Beschluss umzusetzen.

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