Veto gegen Mercosur-Pakt wohl erst Mitte 2020
Warum sich Österreich so kurz vor der Wahl auf ein Neín zum Freihandel mit Ländern Südamerikas einigte.
In überraschender Einigkeit haben SPÖ, FPÖ und auch die ÖVP das EU-Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern (vorerst) zu Fall gebracht. Österreichs Nein blockiert die nötige Einstimmigkeit im EU-Rat und erntete viel internationales Echo. Denn auch wenn Mercosur umstritten ist und Frankreich, Irland und Luxemburg ebenfalls Kritik üben, positionierte sich bis jetzt kein Land so klar wie Österreich. Das ist auch dem Wahlkampf geschuldet. Das Thema Freihandel ist emotional aufgeladen, wie schon TTIP und CETA zeigten.
Die Abgeordneten wollen „keinen Kniefall vor den Interessen der Industrie“(FPÖ), haben Bedenken wegen des Konsumenten-, Umwelt- und Tierschutzes und der Menschenrechte (SPÖ), stellen den Schutz der heimischen Landwirtschaft und der Regenwälder (ÖVP) voran. Nur die Neos sind für Mercosur: Der Pakt mache Klimaschutz auch für Südamerika verbindlich. Mit den Neos wirft die Industrie den Gegnern „populistische Panikmache“vor.
In Brüssel erregte das österreichische Votum großes Aufsehen. Gestern meldete sich der deutsche EU-Abgeordnete Bernd Lange (S&D) zu Wort, der Vorsitzender des Handelsausschusses ist. Lange zeigt Verständnis: „Im Zweifel ist der Regenwald wichtiger als ein Handelsabkommen.“Ein Abkommen ohne zuverlässigen Schutz von Klima und Umwelt sollte keine Chance haben. Allerdings: „Besser, als Mercosur jetzt schon abzulehnen, ist es, Druck zu machen und die Durchsetzung der Regeln zu fordern.“ Wenn, so Lange, die Chance besteht, durch klare Positionen die Haltung der brasilianischen Regierung zu ändern, sollte diese auch genutzt werden. Keinen Kommentar gab die EU-Kommission ab, verwies jedoch darauf, dass der Ratifizierungsprozess noch nicht begonnen hat. Das Abkommen wird gerade ausformuliert. Zu einer Abstimmung im EU-Rat, wo Österreich ein Veto einlegen kann, kommt es aus heutiger Sicht erst Mitte 2020 – bis dahin ist nicht nur ein neuer Nationalrat gewählt, sondern auch eine neue Regierung im Amt. Wie bindend das Abstimmungsergebnis dann ist, sei aus rechtlicher Sicht strittig, so Werner Zögernitz, Leiter des Institutes für Parlamentarismus und Demokratiefragen. Politisch wäre aber auch ein künftiger Minister gut beraten, den Beschluss umzusetzen.