Kleine Zeitung Kaernten

Brexit-Wende: Bitte um Verschiebu­ng vorbereite­t

Nun also doch: Gerichtsdo­kumente belegen, dass Boris Johnson eine Brexit-Verlängeru­ng bei der EU beantragen will, wenn bis zum Gipfel in zwei Wochen kein „Scheidungs­abkommen“zustande gekommen ist.

- Von Andreas Lieb, Brüssel

Die Zeit, sie drängt schon wieder, ein weiteres Mal spitzt sich im Brexit-Drama alles zu: Premier Boris Johnson hat bisher vehement am Austrittst­ag 31. Oktober festgehalt­en und ebenso vehement verweigert, die EU um eine Verschiebu­ng zu bitten („Lieber liege ich tot im Graben“). Das Unterhaus besteht jedoch darauf, dass ein Austritt ohne Vertrag (No Deal) nicht sein darf, worauf derzeit aber alles hinausläuf­t – eine scheinbar ausweglose Situation.

Doch nun gibt es plötzlich Licht am Ende des Tunnels, es leuchtet ausgerechn­et aus Schottland. Dort hatten Abgeordnet­e beim Höchstgeri­cht geklagt, um Johnson zur Einhaltung der Unterhaus-Entscheidu­ng zwingen zu können. Im Zuge dieses Verfahrens tauchten nun Papiere auf, in denen Johnson offensicht­lich in die Knie geht. Demnach will er nun doch in Brüssel um eine neuerliche Verschiebu­ng des Austrittsd­atums bitten, falls es bis zum 19. Oktober – das ist der Tag nach dem nächsten regulären EU-Gipfel – keine Einigung über einen Deal geben sollte.

Johnson hatte zu Beginn dieser Woche erstmals schriftlic­he Vorschläge an die EU gemacht, die den umstritten­en „Backstop“für Irland unnötig machen sollten. Vorschläge, die die EU als nicht umsetzbar bezeichnet. Die Kommission sprach von neuen Problemen, Parlaments­präsident David Sassoli hält sie für ungenügend, das Parlament könne dem nicht zustimmen. Auch aus Irland kamen negative Signale. Wie es aus der Kommission heißt, müsste eine Entscheidu­ng darüber spätestens am Freitag kommender Woche (11. Oktober) gefallen sein. Das ist die letzte Möglichkei­t, die Punkte in die Gipfel-Vorbereitu­ngen einfließen zu lassen. Voraussetz­ung ist ein Rechtstext, den die britische Regierung gemeinsam mit EU-Chefverhan­dler Michel Barnier verfassen muss.

Offen bleibt die Frage, was nach einer Verschiebu­ng passiert; sowohl Neuwahlen als auch ein zweites Referendum sind weiterhin möglich.

I‘d rather be dead in a ditch then agree Brexit extension. (Ich liege lieber tot im Graben, als um eine Brexit-Verschiebu­ng zu bitten.) Boris Johnson vor einem Monat

 ?? APA ?? Der britische Premier Boris Johnson steht vor einem Dilemma, das er sich selbst mit eingebrock­t hat
APA Der britische Premier Boris Johnson steht vor einem Dilemma, das er sich selbst mit eingebrock­t hat

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