Konjunktur: Die Party ist vorbei, Krise bleibt aus
Schwaches Wachstum, keine Rezession. Das ist das Fazit der Herbstprognose von Wifo und IHS. Aber: Wahlzuckerl belasten das Budget.
Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS erwarten den Tiefpunkt der Konjunkturabkühlung bereits im kommenden Winter um den Jahreswechsel. Danach sollte es wieder etwas aufwärtsgehen, allerdings recht gedämpft im Vergleich zu den vergangenen Boomjahren. Einmal mehr sind der private Konsum, der Dienstleistungssektor und die Bauwirtschaft stabile Säulen der Konjunktur.
Was schwächt, ist – kurz gesagt – der Trump-Faktor. Der Welthandel ist lau. Österreichs Exporte, in den vergangenen Jahren ein besonders starker Wachstumsfaktor, sind davon deutlich betroffen. Wenn auch nicht so stark wie jene der deutschen Industrie.
„Wir haben keine Rezession“, betont Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo, bei der Herbstprognose explizit. Auch von Krise will er nicht sprechen. Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien, wählt einen Vergleich, der dann aber doch an Katerstimmung erinnert: „Wir leben in gewisser Weise vom Restalkohol einer Konjunkturparty und es gibt keine Aussicht auf eine neue Party.“
In Deutschland ist diese Nicht-mehr-Party schon so weit fortgeschritten, dass die Wirtschaftsforscher die Regierung auffordern, gegenzusteualso das enge Haushaltskorsett zu lockern und die Konjunktur mit Mehrausgaben zu beleben.
Das ist in Österreich kein Thema. „Wir sehen keine Notwendigkeit für ein Konjunkturpaket“, so Kocher. Die Wachstumsraten werden heuer zwischen 1,5 (IHS) und 1,7 (Wifo) Prozent und 2020 zwischen 1,3 (IHS) und 1,4 Prozent (Wifo) erwartet. Das Überraschende an der Prognose: Für 2019 wurden die Werte nicht korrigiert.
Der Budget-Spielraum der Regierung für Reformen schrumpft durch die Wachstumsschwäche jedenfalls weiter. Vor allem aber wird er durch die Parlamentsbeschlüsse kurz vor der Wahl deutlich kleiner. Auf 1,6 Milliarden Euro schätzt Wifo-Chef Christoph Badelt die Manövriermasse, den Budgetüberschuss, 2020 noch. Dass es sogar nur noch 1,2 Milliarden sein könnten, glaubt Kocher. „Das reicht unmöglich, um relevante Beträge darzustelern,
len – weder für eine Steuerreform noch für Klimaschutzmaßnahmen“, so Badelt. „Nun muss man ein bis zwei Milliarden Euro substanziell auftreiben“, schätzt er im Hinblick auf Steuermaßnahmen.
Am eindringlichsten fordert Badelt von der künftigen Regierung ein Klimapaket. Die ökologische Orientierung habe bei der Abgabenreform von TürkisBlau gefehlt, kritisiert er neuerlich. Käme Türkis-Grün, sei das die „Chance für den Diskurs, den Österreich schon lange braucht“, hatte er bereits kurz nach der Wahl zur Kleinen Zeitung gesagt. „Wenn wir im Klimaschutz nichts tun, müssen wir trotzdem zahlen, obwohl wir keine Verbesserung haben“, argumentiert er. Die Frage, welche Koalition die beste sei, beantwortet der IHS-Chef Kocher witzig: „Die Einzigen, die alles umsetzen würden, wären Badelt und Kocher.“