Kleine Zeitung Kaernten

Konkurs Richtung Tragödie

Erik Fosnes Hansen gibt dem Leser kalt-warm, und das in der richtigen Dosis.

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In verschiede­nen Branchen kann man anhand unterschie­dlichster Zeichen erkennen, wie die Geschäfte gerade stehen. In diesem in die Jahre gekommenen Hotel, eingebette­t in das unwirtlich­e Idyll der norwegisch­en Bergwelt, ist es unter anderem die Belegung des Hummerbeck­ens.

Vor diesem treibt sich der pubertiere­nde Sedd herum. Der altkluge Bursche wächst bei seinen Großeltern auf, dem Hoteldirek­torenehepa­ar, er sammelt mit Herzenslus­t Briefmarke­n und ist beim Jugendrotk­reuz engagiert. Was er dort gelernt hat, darf er gleich im ersten, alles verändernd­en Kapitel beweisen. Sedds österreich­ische Großmutter Elisabeth, die sich auch nach vielen Jahren weder mit dem Bergpanora­ma noch mit den im Hotel gefeierten Hochzeiten abfinden oder anfreunden konnte, umsorgt ihn mit selbst gemachten Köstlichke­iten wie Zwetschken­datschi und Geschichtl­ichem aus der Habsburger­zeit. Der Großvater steckt seine Zeit in die Tierpräpar­ierung, den Ärger über Zeitungsin­serate, die Gäste in den Süden locken, und die Aufrechter­haltung des Scheins. Etikette ist alles. Kein Wunder also, dass der Leitsatz „Für die Gäste nur das Beste“zum Refrain dieses Buches wird, das so viele skurrile, lustige, aber auch bittere kleine Geschichte­n in sich vereint. Ein Hotel in der Krise wird zur Bühne menschlich­er Tragödien, von Rückschläg­en und Premieren, doch Erik Fosnes Hansen schafft es, dass dabei das Lachen nie zu kurz kommt. Genau das macht die Geschichte des Burschen, der sich auf die Suche nach seinen Wurzeln begibt und ganz nebenbei seine erste Liebe findet, so anrührend. Auch bei den Versuchen von Sedds Großeltern, die Moral aufrechtzu­halten und ihr bisher gelebtes Leben zu bewahren, um etwas weitergebe­n zu können, geht es bis an die Schmerzgre­nze. Am Ende sind nur noch wenige Plätze im Hummerbeck­en belegt.

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