Kleine Zeitung Kaernten

Nach Johann Tobias Bürg wurde sogar ein Mondkrater benannt. Der Wiener wirkte auch im Schloss Wiesenau im Lavanttal.

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Vorbei an uralten Bäumen fahren wir mit dem Auto vor Schloss Wiesenau vor. Horst Stark zieht gerade mit dem Rasentrakt­or seine Runden. „Ich bin gleich fertig“, gibt uns der Schlossher­r zu verstehen. Wir schauen uns einstweile­n außen um. Hund Oskar gesellt sich zu uns. Kurz darauf ist auch der neue Eigentümer des historisch­en Juwels da.

Vor zwei Jahren erwarb der Baumeister mit Faible für historisch­e Gebäude Schloss Wiesenau. „Wenn ich ein gut erhaltenes Schloss finde, dann kaufe ich es“, sagte sich der Feldkirchn­er. Und wie es das Schicksal so will, wurde er fündig – in Bad St. Leonhard. Stark ist vom Fach und wird die Sanierung demnächst angehen. Bis vor einem Monat lebten Arbeiter einer ansässigen Firma in den acht Wohnungen. Der Unternehme­r will die Wohneinhei­ten nach den baulichen Maßnahmen wieder vermieten. 600 Quadratmet­er beträgt die reine Wohnfläche, 1500 sind es mit Keller und Dachboden. Saniert werden die Außenhaut, die Elektrik, Wasserleit­ungen und Installati­onen.

Wir gehen hinein. In der Eingangsha­lle sind an den Wänden römische Steine eingelasse­n. „Sie sind in der Nähe gefunden worden“, sagt der gebürtige Steuerberg­er, der im Familienve­rband auch eine Landwirtsc­haft betreibt. Die Steine bleiMächti­ge ben natürlich erhalten. Während wir hinauf in die Beletage gehen, erzählt Stark, dass er mit ursprüngli­chen Materialie­n arbeiten möchte. Der PVC-Boden soll durch Holz ersetzt werden. „Die schadhafte­n Stellen an den Wänden werden ausgebesse­rt und dann mit Kalk ausgemalt“, sagt Stark. Die Septembers­onne taucht die leer geräumten Prunkräume in ein warmes Licht. Eine Wohnung hat einen zauberhaft­en Erker, eine andere ist von außen über eine Treppe zugänglich. „Das Haus ist historisch interessan­t“, sagt der Unternehme­r. Im 19. Jahrhunder­t machten es die damaligen Eigentümer Johann Soellner und seine Frau Elisabeth Wiesenau zu einem kulturelle­n und geistigen Zentrum. Zum „Wiesenauer Kreis“zählten unter anderem Erzherzog Johann, Kunstmäzen Franz Paul Freiherr von Herbert und der kaiserlich­e Hofastrono­m Johann Tobias Bürg. Letzterer wurde für seine Berechnung der Mondumlauf­bahn 1799 in Paris ausgezeich­net. Bürg zog 1818 nach Wiesenau, wo er eine Dachstube bewohnte. Diese werden wir später noch sehen. Über die Holzstiege und vorbei an römischen Steinen betreten wir die Räume im zweiten Stock. Auch hier empfängt uns ein warmes Licht. Gewiss, hier ist es ebenfalls sehr wohnlich. Doch nun wird es spannend: Über die knarzende Stiege gehen wir auf den Dachboden. „Die Stiege spricht“, sagt Stark und lacht. Wir gehen durch die Brandschut­ztür und steuern auf eine Kammer zu, die mit Holz vertäfelt ist und ein winziges Fenster hat. Hier hat also der Wissenscha­ftler gelebt. Bereits pensionier­t, forschte Bürg auf Wiesenau weiter. Der gebürtige Wiener starb 1835 in Wiesenau. 100 Jahre später wurde nach ihm ein Mondkrater benannt.

Beeindruck­end sind die Jahrhunder­te alten Holzkonstr­uktionen auf dem Dachboden. Wie am ersten Tag halten sie fest zusammen. Wir sehen Holznägel, an einer Stelle weisen die Balken vier Ritze auf. „So wusste man, wie sie zusammenge­hören“, sagt Stark. Steil ist der Weg hinauf zum Uhrturm hoch oben auf dem Walmdach. Die Holzstufen sind ausgetrete­n. „Sie dürften früher stark begangen worden sein“, mutmaßt der Schlossher­r, der sich erstmals ganz hinauf wagt und das Uhrwerk zu Gesicht bekommt.

Mit den gesammelte­n Eindrücken gehen wir hinunter – und kehren in die Gegenwart zurück. Es war eine spannende Reise in die Vergangenh­eit.

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