KÄRNTNERIN DES TAGES
Die Frau in grünen Hosen.
Antje Güttler verwaltet als Chefin der Bundesforste in Kärnten eine Fläche von 51.000 Hektar.
Bevor sie sich auf die öffentliche Ausschreibung bewarb, fragte sie Sohn Ole, der kurz vor dem Abitur stand, um sein Einverständnis. „Es könnte ja sein, dass ich den Job bekomme. Dann gehe ich nach Kärnten.“„Mach das, Mama!“, meinte der Sohn, der bei seinem Vater in Deutschland blieb.
Antje Güttler setzte sich gegen ihre Mitbewerber durch und ist seit Jänner 2018 Betriebsleiterin der Bundesforste in Kärnten, zu denen auch Forste im Salzburger Lungau gehören. Ole, inzwischen 19, hat ein Studium begonnen: Forstwirtschaft, wie die Mutter.
51.000 Hektar Fläche hat die 52-jährige Brandenburgerin mit ihrem 50-köpfigen Team zu verwalten. Die Forstreviere erstrecken sich vom Mölltal, Drautal und Gailtal im Westen über das Klagenfurter Becken bis ins Gurktal im Osten. Bei der Bewirtschaftung setzen die Bundesforste auch auf natürliche Verjüngung, bei der sich der Wald aus seinen eigenen Samen heraus erneuert. Das Wachstum von Keimlingen und Jungbäumen wird gezielt gefördert. Es ist eine ziemlich moderne Aufgabe in Zeiten wie diesen.
Den Begriff Nachhaltigkeit
fasst Güttler freilich viel weiter. Er hat für sie mit Innovation zu tun. „Ich möchte Altes bewahren, aber mit Struktur für die Zukunft.“Damit meint sie auch die Schönheit des Stiftes Millstatt, das ebenfalls zum Forstbeder trieb gehört, es ist sein Stammsitz. 25 Jahre liegt die letzte Sanierung zurück. Die „Verjüngung“des Stiftes ist Güttler ein Anliegen, seine ganzheitliche Renovierung hat sie in Bewegung gebracht, die Vergabeverfahren laufen. Moderne Mietwohnungen soll das Stift bald beinhalten und Räume für Kunst und Kultur. Die alte Fischhalle im Stift hat Güttler geöffnet und lässt sie mit Kunst bespielen. Früher wurden dort Fische verkauft, denn die Bundesforste besitzen einen Großteil der Kärntner Seen und auch Fischereirechte, die inzwischen allesamt verpachtet sind.
Güttlers Ansatz ist ganzheitlich undge prägt von Ge st altungs willen. Zukunfts fit–das soll nicht nur der Wald, sondern auch die Region werden.
Im Rahmen ihres Immobilien managements, mit dem sie auch zum dem Orts kern entwicklungsprozess in Mill statt beitragen will, hat Güttler auch die Idee einer Tiefgarage unter Stiftswiese zur Diskussion gebracht. Vor dem Stift steht alles voller Autos und es werden bald noch mehr sein. Postkarten-Foto ist da keines zu machen. „Ich würde Millstatt gern ein Stück Natur zurückgeben“, sagt Güttler. Eine Machbarkeitsstudie ist bereits erstellt.
Die Resonanzen reichen von „sehr gut“bis „weniger gut“. Die Furcht vor einer entgeltpflichtigen Parkraumbewirtschaftung steht im Raum. Güttler versteht die Aufregung
nicht: Ihr geht es um nachhaltigen Tourismus und naturverträgliche Lösungen für die Zukunft. Dass sie grüne Hosen trägt, passt ins Bild.
Beschlüsse im Alleingang sind nicht ihre Sache. „Ich bin kein Freund einsamer Entscheidungen. Aber ich will auch nicht Probleme bewundern, sondern sie lösen.“
Derzeit ist sie mit ihrem Team vor allem mit Katastrophenschäden im Wald befasst, die durch Sturm, aber auch durch Schadinsekten entstehen. Die Holzpreise sinken. Doch der Wald ist Haupteinnahmequelle der Bundesforste. 70 Prozent davon sind Rundholz, 30 Prozent werden an die Zellstoff-, Papier- und Plattenindustrie geliefert bzw. zur Erzeugung thermischer Energie verwendet. Güttler ist stolz, dass „wir heuer in Europa womöglich die einzigen Staatsforste sein werden, die nicht rote Zahlen schreiben, obwohl wir keine Steuern und Förderungen erhalten“.
Die Liebe
zu Kärnten ist längst entfacht. Güttler wohnt in Lendorf bei Spittal. Gleichzeitig hat sie sich während ihrer nun fast zweijährigen Kärntner Zeit neu verliebt. Und geheiratet. Die Fernbeziehung klappt gut: Ehemann Ludwig ist Deutscher und als Musiker hauptsächlich in Deutschland tätig.
Das Kunstprojekt
„For Forest“im Klagenfurter Stadion hält Antje Güttler, die auch privat gerne im Wald ist, für eine „sensationelle Leistung“, wiewohl sie sagt: „Kärnten ist zu 61 Prozent bewaldet. Es ist schon erstaunlich, dass man die Menschen auf den Wald aufmerksam machen kann, indem man ihn woanders hinstellt.“
Auch die „Fridays for Future“findet sie „super, weil nun niemand mehr den Klimawandel leugnet“. Aber man dürfe nicht vergessen, dass die Aktion „ein rein medialer Akt“sei, „der zwar sensibilisiert, aber keine Lösungen schaffen kann“.
„Vielmehr liegt es an uns allen“, sagt Güttler.
KÄRNTNERIN DES TAGES. Antje Güttler (52), Bundesforste-Chefin in Kärnten, begreift Naturverträglichkeit ganzheitlich. Dabei denkt sie sogar an Autos und Garagen.
Von Eva Gabriel