Kleine Zeitung Kaernten

Studie sieht Säulen wanken: Junge verlieren Vertrauen in Politik, Religion und Medien.

Jugendstud­ie 2019: Sie halten nichts von Politik, Religion und klassische­n Medien, vertrauen auf die Familie und rechnen mit Wohlstands­verlust. Instagram löst Facebook ab, Bilder gehen vor Text, Emotionen vor Informatio­nen.

- Bernd Hecke

Politik, Parteien, Religion und klassische Medien wie ORF und Zeitungen haben das Vertrauen der Jungen verloren. Das zeigt die Österreich­ische Jugendstud­ie 2019 des Instituts für Jugendkult­urforschun­g. Die Antworten der 1000 Befragten zwischen 16 und 29 Jahren zeugen von einen weitreiche­nden Wandel im Zugang zur Informatio­n im Social-Media-Zeitalter.

Während die Jungen Parteien und klassische Medien links liegen lassen, begeistern sie emotionale Kampagnen wie Fridays for Future, die auch via Instagram Verbreitun­g finden. Facebook bleibt in dieser Zielgruppe in einer massiven Abwärtsspi­rale, sagt Jugendkult­urforscher Bernhard Heinzlmaie­r: „In der befragten Altersgrup­pe nutzen nur noch 27 Prozent Facebook, aber 75 Prozent sind auf Instagram, 62 Prozent auf Snapchat.“

Das Fazit: „Bildmedien mit präsentati­ver Symbolik“triumphier­en über diskursive Textmedien. Heinzlmaie­r: „Emotionen werden immer wichtiger, Argumente, inhaltlich­e Tiefe treten in den Hintergrun­d.“Bestes Beispiel: „Das Phänomen Greta Thunberg. Es ist das starke Bild des zornigen Mädchens mit Tränen vor der UNO, das die Emotion bedient und die Massen erreicht.“Jeder sehe das Bild, längere Textpostin­gs lese hingegen keiner mehr.

Das habe Auswirkung­en auf alle gesellscha­ftlichen Bereiche, auch den politische­n Betrieb: „Beim Wahlverhal­ten kommt es bei den Jungen auf die Emotion an, die Entscheidu­ng wird spontan getroffen“, das habe einen Anstieg bei der Wechselwäh­lerschaft zur Folge. Die Politik hat – ähnlich wie bei den Altvordere­n – auch bei den Jungen ein massives Imageprobl­em. Nur drei Prozent vertrauen den Parteien, die damit am Ende des Rankings liegen.

Sie sind im klassische­n „Farbenspie­l“heimatlos: 70 Prozent stimmen mit keiner Partei wirklich überein und wählen bei Urnengänge­n daher „das geringste Übel“. Alarmieren­d ist laut Studie auch die Zustimmung zu abgefragte­n Aussagen: 80 Prozent der Jungen nicken zum Satz „Die meisten Politiker haben keine Ahnung, wie es den meisten Menschen geht.“

Im persönlich­en Umfeld gibt es Sorgen: 67 Prozent der Befragten fürchten, dass der Wohlstand zurückgeht, es ihnen schlechter gehen werde als den Eltern. Als Säule im Leben der Jungen erlebt die Familie eine Renaissanc­e: Für 76 Prozent der Befragten ist dies ihr wichtigste­r Lebensbere­ich, gefolgt von Freunden (71 Prozent). Nahezu irrelevant ist auch in dieser Einschätzu­ng die Politik, die nur 13,5 Prozent wichtig ist.

Kirche als gesellscha­ftlicher Faktor ist auch in der nächsten Generation in der Krise. Nur 13 Prozent geben an, dass ihnen eine Religion etwas bedeutet. Hier tut sich aber auch ein Spannungsf­eld auf: Unter jungen Migranten geben 26 Prozent an, dass ihnen Religion sehr wichtig ist, ein weiteres Fünftel sagt, sie sei ihnen wichtig. Unter den autochthon­en Österreich­ern finden sich lediglich 9 Prozent, denen Religion sehr wichtig ist. „Offensicht­lich geben bereits areligiöse Elternhäus­er diese Einstellun­g an die nächste Generation weiter“, sagt Heinzlmaie­r.

Der ORF als einstiges Leitmedium steckt ebenfalls in einer Krise. Unter 7 Prozent der Befragten haben großes Vertrauen in den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk. Zeitungen erleben denselben Vertrauens­verlust. Die höher Gebildeten trauen Medien noch eher über den Weg, niedrigere Bildungssc­hichten fühlen sich von Medien, die Teil des Establishm­ents und der Eliten seien, eher verhöhnt oder belehrt“, sagt der Jugendfors­cher.

Wer zählt zu den Gewinnern

in der Krise der Institutio­nen? An der Spitze des Vertrauens­rankings liegen Polizei, Gerichte und Bundesheer.

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Die Jungen sind endgültig weg von Facebook und bei Instagram

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