Dererste türkis-grüne Konflikt
Heute startet der Weg zur Regierung Kurz II – schon am Mittwoch werden SPÖ und Grüne das türkise Projekt Schuldenbremse zu Fall bringen.
Ausgerechnet im Bundesrat werden diese Woche das erste Mal nach der Nationalratswahl die Konfliktlinien zwischen den Parteien offen zutage treten: Die kleinere, nach den Ergebnissen der Landtagswahlen beschickte Kammer des Parlaments tritt am Mittwoch zusammen, um über die letzten vor der Wahl beschlos
senen Gesetze zu beraten. Normalerweise Formsache, weil der Bundesrat die meisten Gesetze bloß verzögern kann – beschließt sie der Nationalrat noch einmal, gehen sie gegen den Willen der Länderkammer durch. Nur dass am Mittwoch auch die Beratungen über die „Schuldenbremse“auf dem Programm stehen: Beschlossen mit der Zweidrittelmehrheit von ÖVP, FPÖ und Neos verbietet sie, dass das Defizit des Bundes mehr als 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung beträgt, jenes von Ländern und Gemeinden mehr als 0,1 Prozent.
Wenn der Nationalrat Zuständigkeiten der Länder beschränken will, müsste der Bundesrat ebenfalls mit Zweidrittelmehrzustimmen. Was nicht passieren wird, denn dort hatte die türkis-blau-pinke Allianz keine Zweidrittelmehrheit: Von 61 Sitzen hält die ÖVP 22, die SPÖ 21, die FPÖ 15, die Grünen zwei, die Neos keinen. Sprich: Die SPÖ könnte die „Schuldenbremse“sogar allein zu Fall bringen.
Und genau das hat sie auch vor: „Das ist eine Investitions-, Innovations- und Klimaschutzbremse und daher gerade angesichts notwendiger Milliardeninvestitionen in den Verkehr für den Klimaschutz kontraproduktiv“, sagt SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried zur Kleinen Zeitung.
Mit Hinblick auf die erwarteten türkis-grünen Gespräche noch spannender: Auch die beiheit den grünen Bundesräte werden gegen die „Bremse“stimmen. „Sie würde notwendige Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz, Bildung und im Sozialbereich für viele Jahre massiv erschweren“, so Grünen-Bundesrat David Stögmüller. Sowohl Stögmüller als auch seine Partei- und Amtskollegin Ewa Ernst-Dziedzic wechseln demnächst vom Bundes- in den Nationalrat, wo sie bald mit der ÖVP arbeiten könnten. Ob Letzteres so kommt, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden: Heute erteilt Bundespräsident Alexander Van der Bellen ÖVP-Chef Sebastian Kurz formell den Auftrag, eine Regierung zu bilden. Dieser will dann der Größe nach mit den Parteien Gespräche führen.