Als die Mullahs alle Macht an sich rissen
Revolutionen kennen Sieger und sie kennen Besiegte. Und dann ist da noch der standhafte Papagei in der gleichnamigen Erzählung des iranischen Schriftstellers Amir Hassan Cheheltan von den dramatischen Umwälzungen des Jahres 1979 in Teheran. Der Schah ist gestürzt und ins Ausland geflohen. Ajatollah Chomeini und die Mullahs haben die Macht an sich gerissen. Verhaftungen, öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung, für Frauen wird der Schleierzwang eingeführt.
Aber noch gibt es machtvolle Gegendemonstrationen linker Gruppierungen und Parteien, die nicht daran glauben wollen, dass der Despotismus des Schahs nun durch eine klerikale Schreckensherrschaft ersetzt wird. Am Papagei, dem unschuldigen Federvieh, geht das alles vorüber. Unbeirrt trotzt er der neuen Wirklichkeit und allen Umerziehungsprogrammen und krächzt stets den einen Satz: „Lang lebe der Schah!“.
Der sture Papagei, ein Spirituosenhändler, der aufgrund des Alkoholverbots auf Porzellanwaren umsattelt, ein inmitten der Tumulte von Jugendlichen aus einer Kaserne gestohlener Panzer, der durchs Viertel rasselt. Es sind surreale Bilder wie diese, die – in die beklemmende Chronik einer schleichenden Machtübernahme gebettet – Cheheltans autobiografischen Bericht zum funkelnden Solitär der Erinnerungsliteratur machen.