KÄRNTNER DES TAGES
KÄRNTNER DES TAGES. Roland Streiner (57) ist der Rektor der neu gegründeten Gustav-Mahler-Privatuniversität für Musik. Als ausgebildeter Chorleiter weiß er, wie man den Takt vorgibt.
Roland Streiner, ausgebildeter Chorleiter, ist der erste Rektor der neuen Privatuniversität für Musik in Klagenfurt.
Getragen von Freude“bereitet Roland Streiner mit seinem Team derzeit die feierliche Eröffnung der österreichweit siebenten Musikuniversität vor. Wenn am 22. November im Großen Saal des Konzerthauses Klagenfurt die Festansprachen über die Bühne gehen werden, hat er es geschafft: Seit Jahren arbeitet der Klagenfurter, der 2000 die Leitung des Kärntner Landeskonservatoriums von seinem Vorgänger Hans Jörg Scherr übernommen hatte, auf die Akademisierung der Musikausbildung in Kärnten hin. „Die neue Uni wird eine enorme Aufwertung für Klagenfurt und Kärnten als Bildungs- und Kulturstandort bringen sowie den Studierenden neue Chancen und Berufsorientierungen.“Viele junge Kärntner Musiker haben ja bisher ihre Ausbildung im liebevoll „Konse“genannten Landeskonservatorium begonnen, mangels akademischer Abschlussmöglichkeiten aber woanders beendet. Acht von zehn Talenten waren das bisher – mit der künstlerischen und intellektuellen Abwanderung soll nun Schluss sein.
Der in Waidmannsdorf und Guttaring aufgewachsene Klagenfurter ist selbst einer, der seine Lehr- und Wanderjahre außerhalb Kärntens verbrachte. Nach der Matura im Musikgymnasium Viktring ging er nach Wien, um Musikpädagogik, Gesang und Jazz zu studieren. „Dazu sind noch Klavier, Posaune, Komposition und Arrangement gekommen, ich habe ein Polyprofil“, schmunzelt der 57-Jährige. Es folgten diverse Jobs, etwa die Aufnahmeleitung beim ORF, wo er auch im dortigen Chor mitsang oder ein Bühnendirigat an der Wiener Staatsoper. Als Assistent bei Erwin Ortner vom renommierten Arnold-Schönberg-Chor konnte er seiner Liebe zu anspruchsvoller Chorliteratur nachgehen. Doch „die Lebensqualität in Wien war nicht so meins“, resümiert Streiner, der in Wien auch seine Frau Eva, eine Kontrabassistin aus Oberösterreich, kennengelernt hatte. Die Bemühungen um eine Rückkehr nach Kärnten hatten schließlich 1994 Erfolg, als der Bariton am „Konse“für Chorleitung, Gesang und Korrepetition aufgenommen wurde. Auch die Chorakademie Kärnten leitete er, wollte sie „progressiver gestalten“, was nicht so zu den Vorstellungen des damaligen Landeshauptmanns Haider passte. Also legte er 2003 die Leitung zurück. Mit Studierenden und Lehrenden gründete Streiner 2005 das Studio Vokal, um „das Kärntnerlied in neuem musikalischem Kontext“zu pflegen (bis 2011).
Als Zeuge Jehovas weiß er, was es heißt, sich Vertrauen erarbeiten zu müssen. „Ich bin politisch neutral und signalisiere das auch nach außen. Bei gewissen Dingen mache ich aber keine Kompromisse.“So schrieb der Musikpädagoge für Haider bei der Bewerbung um die Leitung des Konservatoriums eine ganze Seite voll mit Dingen, die er nicht machen würde – und wurde nach einem Hearing von acht Bewerbern genommen.
Seit Jahren schon kämpft der heute frischgebackene UniRektor um die Umwandlung
Konservatoriums in eine Universität. Einerseits, um zu verhindern, „dass wir zur Musikschule mit Spezialaufträgen geworden wären, wie es der damalige Kulturreferent Dobernig vorgehabt hat“. Andererseits, um die Professionalität der Ausbildung zu stärken, Musiker im Land zu halten und ihnen neue Berufsfelder zu eröffnen. An der Einstellung zu Professionalität habe es in Kärnten zum Teil gemangelt, schlägt der Kompromisslose auch kritische Töne an. „Für Musik brauchst du Talent, ja. Aber der Faktor Arbeit wird zu wenig beachtet“, dringt Streiner auf handwerkliches Können – „wie beim Trainieren im Sport“. Vielen Musiktalenten habe es bisher an den Grundlagen gefehlt. Woran das liege? Eine Art Selbstzufriedenheit sei es wohl, dass viele über „den alles durchströmenden Gesellschaftschorgesang“nicht hinauskämen.
Eine Stätte der Reflexion soll die Kärntner Gustav-Mahler-Privatuniversität nach den Vorstellungen ihres Rektors werden. Drei der sieben Musik-Unis sind in Wien angesiedelt, je eine befindet sich in Salzburg, Graz, Linz und jetzt auch Klagenfurt. Dabei werden drei Unis (Wien, Salzburg, Graz) vom Bund finanziert, die vier anderen von den jeweiligen Bundesländern. Die Akkreditierung durch die Qualitätssicherungsagentur AQ Austria kam für Klagenfurt am 16. Mai – einen Tag vor dem Ibiza-Debakel –, der entsprechende Bescheid daher erst im Juli. Der „existenzielle Stress“, so Streiner, war also lange nicht vorbei. „Ohne Landeshauptdes mann Kaiser wäre das nicht möglich gewesen“, streut der Rektor seinem Mitstreiter auf politischer Ebene Rosen.
Jetzt ist es der „operative Stress“, der den Manager und Musiker auf Trab hält. Wie sich der Kinderlose Ausgleich verschafft zu seinem fordernden Berufsalltag? „Durch das tägliche Lesen in der Bibel“, erzählt Streiner, für den auch das Versammlungsleben seiner Religionsgemeinschaft ein „Ort der Regeneration und Kraft“ist. Gefragt nach seinen musikalischen Vorlieben, schwärmt er derzeit vom Pianisten Keith Jarrett und dem jungen britischen Sänger und Arrangeur Jacob Collier. Entschleunigung und Ruhe biete ihm auch die Natur: „Ich finde immer stärker Gefallen an Waldspaziergängen. Der Wald ist ein Wahnsinn!“