Der Vater vieler Erfolge
Von Griechenland bis Trump: Juncker bewies Feinsinn.
Er wirkte, schrieb die NZZ über Juncker, ein wenig wie aus der Zeit gefallen; skurrile Redewendungen und Witze, die man erst im zweiten Anlauf verstand, ein uraltes Nokia-Handy als Antithese zur volldigitalen Twitteria und das regelmäßige Abweichen von Redemanuskripten ließen viele die Stirn runzeln; Juncker, starker Raucher und auch dem Alkohol nicht abgeneigt – was ihn aber definitiv in der Amtsführung nicht beeinträchtigte; wenn er in der Öffentlichkeit angeschlagen wirkte, war dies tatsächlich auf sein schweres Ischiasleiden nach einem Autounfall zurückzuführen –, hat eine hohe Sozialkompetenz, ein besonderes Gespür für Menschen und Befindlichkeiten.
Er schaffte es, Donald Trump im Handelsstreit zu besänftigen, er hielt so lange den Laden zusammen, bis Griechenland seine Krise mithilfe der EU überwinden konnte, er kann stolz von seinem Beitrag dazu berichten, dass während seiner Amtszeit in Europa bis zu 14 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen wurden und sich die Wirtschaft gut hält. Die Griechenlandkrise habe gezeigt, dass sich Europa mit politischem Willen, Einigkeit und Entschlossenheit weiter entwickle, schloss der scheidende Präsident. Besonders deutlich wurde das im Zuge des Brexits: Die EU-27 rückte zusammen und ließ sich nicht auseinanderdividieren.
Auf der Liste der Erfolge stehen auch viele Neuerungen, die für die Bürger wahrnehmbar sind: Ende der Roaming-Gebühren, Verbot von Einwegplastik, Datenschutz-Grundverordnung oder Entsenderichtlinie sind Beispiele aus jüngster Zeit – zustande gekommen natürlich auch im Zusammenspiel mit Parlament und Rat. Nicht so eindeutig ist die Bilanz des Investitionsfonds EFSI, der unter dem Titel „Juncker-Plan“Investitionen von 440 Milliarden Euro angestoßen hat. Ob die Effizienz tatsächlich gegeben ist, darüber streiten sich die Experten. Die Kommission zeigte sich auch stark gegenüber den US-Konzernen und verhängte mehrfach Milliardenstrafen.
Entgegen der Wahrnehmung vieler reduzierte Juncker auch die Flut an Gesetzesvorschlägen enorm, um 80 Prozent. Juncker war bisher übrigens der erste und einzige „Spitzenkandidat“, der es ins Amt schaffte.