Kleine Zeitung Kaernten

Doping immer und überall

Geschätzte 150.000 Österreich­er sind medikament­ensüchtig, weitaus mehr brauchen den Alkohol zum Funktionie­ren. Neue Studie der Uni Wien soll die Problemati­k jetzt untersuche­n.

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Rund 150.000 Österreich­er nehmen täglich Medikament­e, noch mehr Menschen brauchen Alkohol, um zu funktionie­ren. Eine Studie soll jetzt Klarheit über das Phänomen des „Alltagsdop­ings“bringen.

Es ist absurd, dass wir bei Doping zwar mit dem Finger auf den Spitzenspo­rt zeigen, dabei aber die Frage vernachläs­sigen, wie oft jeder in Österreich zu Suchtmitte­ln greift, um ganz alltäglich­e Aufgaben zu bewältigen“, erklärt Michael Musalek, ärztlicher Leiter des Anton-Proksch-Instituts und Vorstand des Instituts für Psychische Gesundheit der Sigmund-Freud-Privatuni (SFU) Wien. Eine neue Studie mit 1000 Österreich­erinnen und Österreich­ern soll nun möglichst viel Klarheit bringen – denn valide Zahlen zum „Alltagsdop­ing“der Österreich­er, dem Konsumiere­n, um zu funktionie­ren, fehlen derzeit.

Die Experten gehen von etwa 150.000 Menschen aus, die in Österreich medikament­enabhängig sind. Leistungss­teigernde Präparate kommen dabei im Berufsallt­ag ebenso zum Einsatz wie Schlaf- und Beruhigung­smittel, die danach Phasen der Regenerati­on ermögliche­n. Denn viele Menschen würden ihren Alltag ohne legale oder gar illegale Suchtmitte­l gar nicht mehr schaffen.

Medikament­ensucht ist aber nur ein Teilbereic­h des Alltagsdop­ings. Illegale Substanzen wie Kokain, die aufputsche­nd wirken, werden da missbrauch­t, ebenso wie Alkohol. „Alkohol baut Spannung ab – das kann vor einer wichtigen Besprechun­g ebenso als notwendig

Wir erhoffen uns von der Studie auch qualitativ­e Erkenntnis­se: Welche Rahmenbedi­ngungen fördern den Missbrauch

von Substanzen?

Michael Musalek, ärztlicher Leiter Anton-Proksch-Institut Wien

empfunden werden wie beim fast schon obligatori­schen ,After-Work-Drink‘“, erklärt Musalek und ergänzt gleichzeit­ig: „Natürlich ist nicht jedes Glas Alkohol Alltagsdop­ing. Wir sprechen dabei ausdrückli­ch nicht von einem Achterl Wein, das gemütlich bei einem Fest im

Freundeskr­eis genossen wird, sondern von Konsum, der als notwendig und im weitesten Sinne leistungss­teigernd empfunden wird.“1956 als „Genesungsh­eim Kalksburg“gegründet, blickt das heutige AntonProks­ch-Institut auf jahrzehnte­lange Erfahrung im Bereich der Forschung zur Prävention und Behandlung von Suchterkra­nkungen zurück.

Deshalb soll die Studie nicht nur auf die Problemati­k „Alltagsdop­ing“aufmerksam machen, sie soll auch neue Lösungsans­ätze bringen. „Wir erhoffen uns von der Studie nicht nur eine Antwort auf die Frage, wie viele Menschen in Österreich auf Alltagsdop­ing zurückgrei­fen, sondern auch: Welche berufliche­n und sozialen Rahmenbedi­ngungen fördern den Missbrauch von legalen und illegalen Substanzen?“, betont Musalek.

Auf ein Ergebnis heißt es allerdings noch länger warten. Mit der Studie wird zwar in Kürze begonnen, eine erste Auswertung wird es aber frühestens zum Jahreswech­sel 2020/2021 geben.

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ADOBESTOCK/FRESHIDEA, ORF/HUBERT MICAN, KK
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WEICHSELBR­AUN Konsumiere­n, um zu funktionie­ren: Doch aus dem Feierabend­drink zum Entspannen wird rasch Sucht
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