Die Welt als Wille und Vorstellung
Weihnachten naht, und es naht der Jahreswechsel. Zu Neujahr ist es üblich, gute Vorsätze zu fassen. Wir meinen, dass wir uns nur fest vornehmen müssen, unser Verhalten zu ändern, dann wird das schon. Dabei suchen wir uns vorzugsweise das aus, was sich in der Vergangenheit als besonders änderungsresistent erwiesen hat.
Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen. Mit der Willenskraft, dem „Wirkungsgrad des Wollens“(so Narziß Kasper Ach, 1910), ist es so eine Sache. Traditionell sehen wir uns als Geistesmenschen mit freiem Willen: rational, vernunftbegabt und halbwegs frei von biologischen Zwängen. Die evolutionäre Psychologie, die ab den 1990ern die Lehrbücher eroberte, sieht das deutlich anders: Sie beruft sich auf Charles Darwin und besagt, dass auch der Mensch in seiner Wahrnehmung, seinen Gefühlen, seinem Denken und seinen Motiven nicht frei von evolutionären Anpassungen ist. Manches funktioniert nicht besonders gut: zum Beispiel der Vorsatz, lebenslang sexuell enthaltsam zu bleiben (Zölibat), selbst wenn man heilige Eide darauf schwört. Auch das „Wegwünschen“von Eifersucht, die ja nur Ausdruck von Besitzdenken sei, klappt nicht.
Und wenn gute Vorsätze zum Abnehmen reichen würden, wäre vieles leichter; aber nachts vor dem Kühlschrank geben wir klein bei. Das Fleisch ist schwach und der Appetit groß. „Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung“, wusste schon Oscar Wilde. Gute Vorsätze gibt es auch in der Klimapolitik, und wieder kam beim UN-Klimagipfel in Madrid nichts Brauchbares heraus. Das Hemd ist einigen Großmächten näher als der Rock. atürlich ist die Umstellung nicht leicht: Wirtschaftswachstum braucht billige Energie, und die Energiewende ist auch ein Verteilungskampf. Umso wichtiger wäre es, die Probleme rasch anzupacken. Wir neigen dazu, das erst zu tun, wenn wir die Auswirkungen am eigenen Leibe zu spüren bekommen – nur dass es dann irreversibel zu spät ist. Im Übrigen meine ich, es ist höchste Zeit für wirksame Klimaschutzpolitik.
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