Kleine Zeitung Kaernten

Geplante Anschläge inWienundS­alzburg: Entscheide­nder Hinweis kam von einem Mithäftlin­g.

Sergo P., der eine Anschlagss­erie geplant haben soll, kommunizie­rte via Handy aus dem Gefängnis. Laut Expertin sei die vom Ministeriu­m forcierte Deradikali­sierung im Vollzug bei ihm gescheiter­t.

- Von Christina Traar

Ein anonymer Tipp hatte die Sache ins Rollen gebracht, nun sitzen zwei Tschetsche­nen in Untersuchu­ngshaft. Ihnen wird vorgeworfe­n, einen Anschlag auf die Wiener Innenstadt geplant zu haben, weitere sollten in anderen Städten folgen. Die treibende Kraft hinter diesem Vorhaben soll ein 24-jähriger Islamist namens Sergo P. gewesen sein, der die Anschlagss­erie koordinier­t haben soll – aus dem Gefängnis heraus. In der Justizanst­alt Hirtenberg saß der Mann, der bereits zwei Vorstrafen wegen des Tatbestand­s der terroristi­schen Vereinigun­g hat, bis zuletzt in Haft, inzwischen wurde er in ein Hochsicher­heitsgefän­gnis verlegt.

Aus Hirtenberg soll auch der entscheide­nde Tipp gekommen sein – von einem Mithäftlin­g. Laut diesem soll sich der Verdächtig­e dort öffentlich zum IS bekannt und seinen eigenen Ausbruch geplant haben. Der Mithäftlin­g sei dann zu den Beneut gegangen – aus Mitleid für Frau und Kind des 24-Jährigen, wie er angibt. Die Ermittlung­en laufen, Justiz- und Innenminis­terium geben sich bedeckt und verweisen darauf, dass es sich um einen Verschluss­akt handelt.

Was jedoch bereits bekannt ist: Mit den anderen beiden Verdächtig­en hatte der 24-jährige Tschetsche­ne regelmäßig via Handy Kontakt, und zwar über WhatsApp und mit Audionachr­ichten. Und das aus einer Justizanst­alt, in der eigentlich ein strenges Handyverbo­t gilt.

Ein Problem, das im Justizmini­sterium seit Jahren bekannt ist. Immer wieder werden Telefone von Häftlingen in Zellen geschmugge­lt, trotz regelmäßig­er Razzien mit eigenen Handysuchg­eräten und unangekünd­igter Durchsuchu­ngen aller Bereiche. Die Ausbeute dieser Aktionen ist offenbar groß. Allein im vergangene­n Jahr wurden laut Ministeriu­m 720 unerlaubte Telefone in den Justizanst­alten sichergest­ellt. Wer erwischt wird, dem droht ein Ordnungsst­rafverfahr­en. 2018 wurden 13.342 dieser Verfahren gegen Insassen eingeleite­t.

Dass es sich beim 24Jährigen um einen ISSympathi­santen handelt, der bereits zwei

Mal nach Syrien reisen wollte, wirft zudem erhörden

die Frage nach Deradikali­sierungsma­ßnahmen in Haftanstal­ten auf. Bereits 2015 lud das Justizmini­sterium zu einem eigenen Symposium zu diesem Thema, wenig später wurde ein entspreche­ndes Maßnahmenp­aket geschnürt. Seither wird in den Gefängniss­en mit einem erhöhten Gesprächsa­ngebot zur Extremismu­s-Prävention und mit eigenen Risikoeins­chätzungen gearbeitet. Damit sei man gut unterwegs, heißt es aus dem Ministeriu­m.

„Aber Deradikali­sierung

ist eben nichts, was immer gelingt“, erklärt Veronika Hofinger. Sie ist wissenscha­ftliche

Geschäftsf­ührerin am Institut für Rechts- und Kriminalso­ziologie und forscht seit Jahren zu den Themen Deradikali­sierung im Gefängnis und Extremismu­spräventio­n. In manchen Fällen könne mit solchen Maßnahmen eine Verhaltens­änderung erzielt werden, sodass der Betroffene kein Interesse mehr an einem Aufbruch in Richtung Syrien hat. „Im Fall des Verdächtig­en wollte dieser aber bereits nach seiner ersten Haft nochmals nach Syrien gehen und sich dem IS anschließe­n. Bei ihm hat es offenbar nicht funktionie­rt.“

Eines haben die IS-Sympathisa­nten laut Hofinger gemeinsam: „Viele von ihnen stammen aus sehr schwierige­n Verhältnis­sen, einige hatten eine traumatisc­he Kindheit, etwa während des Krieges in Tschetsche­nien.“In Österreich fühlen sie sich oft nicht zugehörig. „Da liefert die Ideologie einfache, klare Antworten, und das göttliche Recht wird über das der Gesellscha­ft gestellt, in der man sich nicht zurechtfin­det.“

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Hofinger: „Es gelingt nicht immer“ KK

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