Boeing stoppt jetzt die Produktion der Unglücksmaschine 737Max. Kosten in Milliardenhöhe.
Milliardenkosten, neues Zulassungssystem? Boeing stoppt die Produktion der 737Max, die Auswirkungen scheinen weitreichend.
Boeings Hoffnungsträger startete gut, bevor zwei dramatische Einschnitte, im Oktober 2018 und im März 2019, alles änderten. 346 Menschen, sämtliche Insassen, starben, weil zwei Maschinen von Boeings neuer 737Max zunächst in Indonesien und dann in Äthiopien abstürzten. Seit damals geltende Startverbote waren die Folge, jetzt setzt Boeing selbst einen weiteren drastischen Schritt: Ab Jänner wird die Herstellung der 737Max vorübergehend gestoppt, es ist die größte Produktionsunterbrechung seit mehr als 20 Jahren.
Warum das vorläufige Aus, bekannt gegeben am Montag nach US-Börsenschluss, für Boeing als Unternehmen so dramatisch ist? Die 737 gilt als deutlich volumenstärkstes und margenträchtigstes Programm des Produzenten. Zudem ist die Produktion auf Jahre hinweg fein durchgetaktet, ein Stopp mit zahlreichen Einschnitten verbunden. Bis dato hielt Boeing trotz der Unannehmlichkeiten auch deswegen am Flugzeug fest. Anstelle der vormals 52 rollen seit April immer noch jeden Monat 42 Maschinen frisch aus den Fertigungshallen. Das für die Unfälle ursächliche automatische Trimmsystem MCAS wurde zwar überarbeitet, wann und ob die Flugzeuge mit dem stolzen Marktwert von 100 Millionen US-Dollar pro Stück dennoch wieder abheben dürfen, steht in den Sternen. Das Update hat nämlich noch immer keine Zulassung der FAA, stattdessen standen die Zeichen mit der zuständigen US-Behörde zuletzt auf Krawall.
Die Folgen sind kurios wie teuer: Auf dem Parkplatz der Boeing-Mitarbeiter in Renton (Bundesstaat Washington) etwa stehen auf großen Flächen Flugzeuge anstelle von Autos, ebenso zugeparkt ist Boeings Testflughafen, das Moses Lake Airfield. Weltweit befinden sich in Summe zurzeit 800 Boeing 737Max auf dem Boden. Neben Boeing selbst werden auch Fluglinien dadurch von massiven Kosten belastet, denen keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen. Immer wieder müssen die Gesellschaften wegen der fehlenden Maschinen Flugpläne umstellen und Wachstumsziele verschieben. Allein Tui beziffert den Schaden bislang auf mehr als 300 Millionen Euro.
Die Auswirkungen der 737Max-Krise könnten indes noch viel weiter ins System Luftfahrt reichen. Zur Diskussion steht mittlerweile etwa das globale Zulassungssystem an sich. Aufgrund der offensichtlich gewordenen Unzulänglichkeiten in der FAA – bis dato wurden deren Zulassungen etwa von der europäischen EASA übernommen –, wollen immer mehr Behörden eigene Zulassungsverfahren forcieren. Das wiederum könnte aber Lieferverzögerungen und steigende Kosten mit sich bringen, gleichzeitig warnen hohe Vertreter der Luftfahrtvereinigung IATA vor politischen Einflussnahmen auf derlei Verfahren.