Kleine Zeitung Kaernten

Anker in stürmische­n Zeiten

Edith Walzl ist Transgende­r-Expertin und organisier­t Symposium über Transident­ität, das heute beginnt.

- Von Elke Fertschey

Wie es Eltern ergeht, wenn ihr Kind plötzlich gesteht, sich mit dem angeborene­n Geschlecht nicht identifizi­eren zu können, weiß Edith Walzl (52) nur zu genau. „Man fühlt sich wie eine Nussschale auf stürmische­r See“, sagt die dreifache Mutter und dreifache Großmutter, die mit der von ihr gegründete­n Erstanlauf­stelle „Insieme“für betroffene Eltern und Jugendlich­e zu einem „Anker in stürmische­n Zeiten“geworden ist.

Für sie kam das Outing ihrer Tochter vor sieben Jahren unerwartet, obwohl ihr Kind immer ein „burschikos­es Mädel“gewesen sei. Mittlerwei­le ist Christoph ein gut aussehende­r, zufriedene­r junger TransMann und seine Mutter die erste Gender-Inkongruen­zTrainerin Österreich­s, die transident­en jungen Menschen hilft, „im Alltag gut zu bestehen“. Wie groß der Bedarf ist, erfuhr Walzl nach der Gründung der ersten Transgende­r-Selbsthilf­egruppe für Kinder und Jugendlich­e in Kärnten. „Das Echo hat mich fast erschlagen“, erinnert sich die ehemalige Gastronomi­n, die bei „Insieme“120 Jugendlich­e in Betreuung hat.

M enschen, die im falschen Körper geboren wurden, haben ein Recht auf Geschlecht­sumwandlun­g und Respekt in der öffentlich­en Wahrnehmun­g“, lautet ihr Credo. Daher organisier­te sie das Symposium „Transident­ität – Geschlecht­sdysphorie“mit elf internatio­nalen Referenten in Klagenfurt und gewann die Ärztekamme­r als Partner.

Aktive Hilfe für junge Menschen, „deren Seele etwas anderes fühlt, als die Biologie für sie gedacht hat“, ist zur Lebensaufg­abe der leidenscha­ftlichen Motorradfa­hrerin, die „fürs Leben gern“reitet, geworden. Den steinigen, von vielen Besuchen bei Ärzten, Psychologe­n und Psychiater­n gepflaster­ten Weg von der Erstdiagno­se bis zur Hormonbeha­ndlung ging die in Deinsdorf lebende gebürtige Steirerin mit ihrem Sohn, lernte

Fachlitera­tur und einschlägi­ge Experten kennen und wurde schließlic­h systemisch­e psychologi­sche Beraterin, um „Insieme“leiten zu können. Die teure Ausbildung habe sie sich durch Jobs als Putzfrau, Kellnerin und Pferdestal­l-Ausmisteri­n verdient, erzählt die begabte Vernetzeri­n, die deshalb den Spitznamen „Thekla, die Spinne“trägt.

„Wichtig ist, dass die betroffene­n Jugendlich­en gesehen, gehört und nicht ausgegrenz­t werden“, betont die Liebhaberi­n von Blues, Soul und Biografien, die an das Positive und Gute glaubt und „wertschätz­endes Miteinande­r“fördern will. „Mir geht es darum, dass die Familien nicht auseinande­rbrechen, sondern in eine Normalität zurückfind­en, in der sie glücklich sein können. “

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BAUER Edith Walzl macht auch Aufklärung­sarbeit in Schulen, und spricht mit Lehrherren von Betroffene­n

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