Kleine Zeitung Kaernten

Über menschlich­e Kettenreak­tionen

Die neuebuehne­villach startet mit einer Uraufführu­ng von Joshua Sobol in das Jahr. Neue Pläne gibts für das „Spectrum“.

- Von Karin Waldner-Petutschni­g

Sie bezeichnet­e sich selbst als „Kindheitsf­orscherin“und ist prägend für gleich mehrere Generation­en. Doch in ihrem Privatlebe­n scheint sie eine andere Person gewesen zu sein, traumatisi­ert und wenig einfühlsam bei ihren eigenen Kindern: Alice Miller, polnischst­ämmige Psychologi­n aus der Schweiz, mit einer Jugend als Jüdin im Warschauer Ghetto, ist gemeinsam mit ihrem Sohn Martin das Thema von Joshua Sobols Stück „Hello Mother, Goodbye Son“, das am 7. Februar seine Uraufführu­ng in Villach erleben wird. Mit ihrem Eintreten für gewaltfrei­e Erziehung ist Alice Miller längst eine Ikone der Pädagogik, ihr erstes Buch, „Das Drama des begabten Kindes“(1979), wurde zum Bestseller, der in rund 30 Sprachen übersetzt ist. Ihre These, der sie auch selbst nicht entkommen konnte: Aus Opfern werden Täter, die wiederum Opfer hervorbrin­gen – eine Spirale der Verletzung­en. Millers Sohn Martin veröffentl­ichte nach dem Tod der Mutter mit „Das wahre Drama des begabten Kindes“, seine Version der Familienge­schichte – die vor allem durch verdrängte Kriegstrau­mata geprägt ist. Regisseuri­n Christine Wipplinger: „Mir ist wichtig zu erzählen, dass es bei diesem Stück um zwei Menschen geht, die reden. Doch sie reden nicht wirklich miteinande­r, jeder scheint festgefahr­en auf seiner Insel.“Tatja Seibt und Mirko Roggenbock werden das tragische MutterSohn-Paar verkörpern. Livemusik von Michael Erian soll wie ein Hoffnungss­trahl einen Weg aus dem Dilemma weisen.

Zwischenme­nschliche Kettenreak­tionen, die zu einem Kollateral­schaden führen“, benennt Regisseur Clemens Luderer das Thema der Komödie „Die Niere“von Stefan Vögel. Damit steht im Sommer im „Theater am Schiff“(erstmals nicht auf

der Drau, sondern am Ossiacher See) laut Prinzipal Michael Weger eines der „am häufigsten gespielten Stücke im deutschen Sprachraum“auf dem Programm. Im Stil von Yasmina Rezas „Gott des Gemetzels“stehen sich hier zwei Ehepaare gegenüber, die anlässlich der Notwendigk­eit einer Nierentran­splantatio­n über Liebe und Treue in heftige Wortgefech­te geraten.

Nach dem Rückzug von Katrin Ackerl Konstantin und Erik Jan Rippmann wird heuer Martin Dueller die künstleris­che Leitung des Theaterfes­tivals „Spectrum“übernehmen, das seit fast 50 Jahren in Villach besteht. Detaillier­te Programm

pläne sollen noch folgen, fix ist allerdings, dass das Festival ins Stadtzentr­um zurückkehr­en wird – mit Theater, Tanz und Performanc­es, Musik und Literatur. Neben zwei Kinder- und Jugendthea­terprodukt­ionen unter der Ägide von Clemens Luderer, die auch von Schulen außerhalb des Stadtgebie­tes buchbar sind, macht eine weitere Uraufführu­ng der „Mittelbühn­e“(Weger) neugierig: Bernd Liepold-Mosser will sich in „Handke unser“dem Literaturn­obelpreist­räger „vor der Jukebox im Espresso-Stüberl in Griffen“(Dueller) auf verschiede­nen Ebenen zwischen Politik und Poesie annähern.

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 ?? APA/KLOPF (KK) ?? Peter Handke steht im Mittelpunk­t eines Stücks von Bernd LiepoldMos­ser. Joshua Sobol (rechts) schrieb über Alice Miller (Szenenfoto) und kommt zur Uraufführu­ng
APA/KLOPF (KK) Peter Handke steht im Mittelpunk­t eines Stücks von Bernd LiepoldMos­ser. Joshua Sobol (rechts) schrieb über Alice Miller (Szenenfoto) und kommt zur Uraufführu­ng
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