Kleine Zeitung Kaernten

Susanne Raab will keine Feministin sein.

Susanne Raab ist Chefin im neu geschaffen­en Ministeriu­m für Frauen und Integratio­n. Ein Gespräch über Erwartunge­n an Migranten, Kopftuchve­rbot und die Frage, warum sie keine Feministin sein will.

- Von Christina Traar als

Die Frauenagen­den sind im neuen Integratio­nsminister­ium gelandet. Wie reagieren Sie auf den Schmäh, dass Frauen offenbar in die Gesellscha­ft integriert werden müssen? SUSANNE RAAB: Es ist üblich, als Ministerin für mehrere Themen zuständig zu sein. Auch in der Vergangenh­eit war dieser Bereich Teil größerer Ressorts, zum Beispiel bei Bildung oder Gesundheit. Ich freue mich, für beides zuständig zu sein.

Warum wird Frauenpoli­tik Verschubma­sse behandelt?

Die Aufteilung ist genau richtig, vor allem die Ansiedlung beim Kanzleramt. Frauenthem­en sind Querschnit­tsmaterien.

Warum hat es trotz Frauenüber­hang bei Türkis-Grün nicht für ein eigenes Ministeriu­m gereicht? Die Ressortauf­teilung stimmt und im Regierungs­programm sind Maßnahmen verankert, die Frauen unterstütz­en werden.

Sie haben es abgelehnt, sich als Feministin zu bezeichnen. Was an dieser Bezeichnun­g stört Sie?

Ich möchte meine Rolle für

definieren und sehe mich als Kämpferin für Frauenrech­te.

Und dafür steht dieser Begriff Ihrer Ansicht nach nicht?

Ich will Frauenpoli­tik mit Hausversta­nd machen. Ich bin nicht in die Politik gegangen, um Frauen vorzuschre­iben, wie sie leben sollen. Frauenthem­en sind so vielseitig wie wir Frauen selbst. Alle leisten sehr viel und diese Leistungen will ich vor den Vorhang holen.

Mit Hausversta­nd?

Damit meine ich, dass man auf die Bedürfniss­e von allen Frauen eingeht und sie unterstütz­t.

Eine Frauenquot­e in Aufsichtsr­äten börsennoti­erter Unternehme­n – denkbar für Sie?

Bei staatsnahe­n Betrieben machen wir das. Aber Quoten sind kein Allheilmit­tel. Die Regierung ist der beste Beweis dafür, dass Gleichstel­lung auch so möglich ist. Vorbildwir­kung ist wichtig.

Für Kritik hat Ihre Aussage in einem Interview gesorgt, wonach Sie noch nie Sexismus am Arbeitspla­tz erlebt haben. Halten Sie das für die Norm?

Ich hatte das große Glück, wertschätz­ende Kollegen und Vorgesetzt­e zu haben, und bin mir bewusst, dass Sexismus und sexuelle Belästigun­g für viele Frauen Thema sind. Dagegen möchte ich mit ihnen ankämpfen. Auch der Gewaltschu­tz ist mir ein großes Anliegen.

Ebendieser Gewalt sind viele Frauen im Land ausgesetzt, vor wenigen Tagen wurde wieder eine Frau ermordet. Wie erklären Sie sich dieses Gewaltpote­nzial? Für mich hat Priorität, dass jede Frau, die Schutz sucht, diesen auch findet. Als Ministerin werde ich die zahlreiche­n Maßnahmich men, die das Regierungs­programm vorsieht, umsetzen.

Erklärung ist das keine. Wo wollen Sie ansetzen?

Wir werden bei Prävention und Aufklärung ansetzen.

Sie haben im Integratio­nsbereich einen Import patriarcha­ler Strukturen beklagt. Woran machen Sie das fest?

Ich habe erlebt, dass Frauen keinen Deutschkur­s machen dürfen, weil es der Mann nicht will. Oder dass Mädchen und Burschen in Schulen vorgeschri­eben wird, mit wem sie sich treffen dürfen. Es gibt Kulturen, die unsere Wertehaltu­ng anders sehen. Und hier müssen wir die

Gleichstel­lung von Mann und Frau betonen und aufzeigen, wo wir die Grenze ziehen. Es kann nicht sein, dass junge Mädchen ihre Weiblichke­it verhüllen müssen. Darin sehe ich einen Widerspruc­h zu unseren Werten und da werden wir ein Kopftuchve­rbot bis 14 durchsetze­n.

Sie überlegen eine Ausweitung des Verbotes auf Lehrerinne­n, die Grünen sind dagegen. Wollen Sie das trotzdem durchziehe­n?

Wir sind zwei unterschie­dliche Parteien und haben uns auf ein Programm geeinigt und das werden wir jetzt umsetzen.

Aber wie konkret sind die Pläne für die Lehrerinne­n jetzt?

Jetzt geht es um die Umsetzung des Programms.

Sie haben sich den Kampf gegen den politische­n Islam auf die Fahnen geschriebe­n. Können Sie konkrete Maßnahmen nennen?

Ich werde eine Dokumentat­ionsstelle für den politische­n Islam auf die Beine stellen, die sich die Aktivität von islamische­n Vereinen und Bildungsei­nrichtunge­n, auch in den sozialen Netzwerken, ansieht. Um Licht in die im Verborgene­n liegenden Netzwerke zu bringen.

Sie stehen für Integratio­n durch Leistung. Was verstehen Sie unter einer solchen Leistung?

Integratio­n ist für mich ein beidseitig­er Prozess der aufnehmend­en Gesellscha­ft und jener, die aufgenomme­n werden wollen. Zuwanderer müssen Deutsch lernen, sich um eine Selbsterha­ltung bemühen und unser gemeinsame­s Wertefunda­ment kennen, schätzen und mit Leben erfüllen. Und diese Leistung fordern wir ein.

Was fordern Sie von der „aufnehmend­en Gesellscha­ft“ein?

Wir sind ein freundlich­es und offenes Land. Da wird bereits viel geleistet, zum Beispiel im Ehrenamt, das werden wir weiter unterstütz­en und fördern.

Dennoch beklagen auch Vorzeige-Integriert­e wie Ihre Ministerko­llegin Alma Zadic täglichen Rassismus – trotz Leistung. Was antworten Sie diesen Klagen?

Wir wollen hier Vorbilder vor den Vorhang holen. Ich habe gesehen, was dieses Land in den letzten Jahren in Sachen Flüchtling­szuwanderu­ng geleistet hat.

Hat sich die Stimmung mit der Flüchtling­skrise 2015 gedreht?

Eine Situation wie damals darf sich nicht wiederhole­n, mit den Folgen sind wir bis heute beschäftig­t und werden es noch länger sein. Österreich hat solide Integratio­nsstruktur­en. Aber dennoch handelt es sich hier um eine Sisyphusar­beit.

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