Die hohe Kunst der Veränderung
Stillstand oder nur in eine Richtung gehen? Niemals! Künstler Oswald Oberhuber war ein Universalist, wie er im Buche steht. Er starb im Alter von 88 Jahren in Wien.
ternet zusammengeborgtem Bildmaterial (Respekt für das Kulissenpersonal des Akademietheaters!) kippt das Stück bald in eine surreale RunningGag-Revue. In der die Schauspieler Alexandra Henkel, Philipp Hauß, Tim Werths und Johannes Zirner als Ehefrau und Ärztekollegen Szenen aus Freuds häuslichem Leben teils nachspielen, teils improvisieren. Während Andrea mit frisch aufgeklebtem Bart sichtbar verdattert, aber tapfer als Hausherr auf der Bühne herumsteht. Der Wiener Antisemitismus (von einst) kommt ebenso zur Sprache wie billig legitimierte sexuelle Übergriffigkeit: „Nach Freud meint eine Frau Ja, wenn sie Nein sagt.“Und die ganze Zeit bleibt offen, wie eingeweiht ins Geschehen Zufallshauptdarstellerin Andrea tatsächlich ist (gar nicht, versichert das Burgtheater). Am Ende ist man fast so desorientiert, wie frisch aus dem Schlaf gerüttelt: Was war jetzt echt, gespielt, real, erfunden? Insgesamt: nicht viel über Freud. Aber so lustig wie ein Impro-Abend im Offtheater.
Wie das Kunstverständnis eines Oswald Oberhuber auf einen Nenner bringen? Vielleicht gar nicht, und das wäre ganz in seinem Sinne, denn ein Wort beschreibt seine Kunst wohl am besten: Vielfalt (minus Beliebigkeit). Während das Gros der Kunstwelt nach Einzigartigkeit, nach Unverwechselbarkeit strebt, war der Kompass von Oswald Oberhuber von Beginn an anders ausgerichtet: sich nie nur für eine Schiene entscheiden zu müssen. Nun ist der Alleskönner im Alter von 88 Jahren in Wien verstorben.
Der am 1. Februar 1931 in Meran geborene Oberhuber studierte Bildhauerei bei Fritz Wotruba und Willi Baumeister. Er wurde zum Begründer der informellen Kunst in Österreich, formlos und spontan, einfach Oberhuber. Mit 24 Jahren legte er fest, wonach er sich richten wollte: In einem Manifest rief er zur permanenten Veränderung der Kunst auf. Sein Dogma, wiewohl er sich gegen Dogmen querlegte. Also sagen wir besser: der rote Faden seiner Kunst. Um sein künstlerisches Lebens
Er war einer der einflussreichsten Künstler Österreichs nach 1945: Oswald Oberhuber werk zu veranschaulichen, der Versuch einer Spannweite: 2007 gestaltete er Snowboards, sechs Jahre später den Eisernen Vorhang für die Staatsoper.
des roten Fadens. Kein Zwang, sich keiner Mode unterwerfen. Sprich: Seine Kunst war Veränderung und seine Veränderung war die Kunst. Ein individueller Ansatz, der mit dem Ruf der Spätmoderne nach kollektiver Flexibilität und maximaler Anpassungsfähigkeit nichts zu tun hat. Ende der 1940er-Jahre widmete er sich der informellen Plastik, während er sich fünf Jahre später in der gegenständlichen Malerei wiederfand –